DNA-Analyse ergab neuen Verdacht

Bundesanwaltschaft erhebt Anklage gegen Andrea Klump wegen Beteiligung an Sprengstoffanschlag

BERLIN taz ■ Die Karlsruher Bundesanwaltschaft hat gegen die früher als RAF-Mitglied gesuchte Andrea Klump erneut Anklage erhoben. Klump soll 1991 an einem Sprengstoffanschlag in Ungarn auf jüdische Auswanderer aus Russland beteiligt gewesen sein. Das teilte Klumps Anwalt Wolfgang Kronauer gestern in Frankfurt am Main mit. Generalbundesanwalt Kay Nehm ermittelt bereits seit zwei Jahren, eine DNA-Analyse soll auf die Spur Klumps geführt haben. Bei dem Anschlag auf einen mit 28 russischen Juden besetzten Bus in Budapest waren am 23. Dezember 1991 fünf Menschen zum Teil schwer verletzt worden.

Andrea Klump wurde im Mai 2000 wegen eines versuchten Sprengstoffanschlags auf einen US-Militärstützpunkt im spanischen Rota am 17. Juni 1988 zu neun Jahren Haft verurteilt. Zu der neuen Anklagerhebung wollte die Bundesanwaltschaft der Nachrichtenagentur AFP zufolge zunächst keine Stellung nehmen. Klump bestreitet nach Aussagen ihres Anwaltes jegliche Beteiligung. Nach den vorliegenden Ermittlungsakten gebe es auch keine Beweise, die eine Tatbeteiligung von Klump begründen könnten. Das Oberlandesgericht Stuttgart werde deshalb zunächst entscheiden müssen, ob die Anklage überhaupt zulässig ist. Das Verfahren hat der Generalbundesanwalt an sich gezogen. Der Umstand, dass deutsche Staatsangehörige möglicherweise an einem gegen Juden gerichteten Mordanschlag im Ausland beteiligt waren, verleihe dem Fall „besondere Bedeutung“.

Bei der durch Funkfernzündung ausgelösten Explosion soll ein mit 25 bis 40 Kilogramm Sprengstoff versehener ungarischer Mietwagen benutzt worden sein. Möglicher Komplize könnte der vor vier Jahren erschossene Lebensgefährte von Klump, Horst Ludwig Meyer, gewesen sein. Zu dem Attentat hatte sich eine „Bewegung zur Befreiung Jerusalems“ bekannt. Meyer war Mitte September 1999 in Begleitung Klumps bei einer Polizeikontrolle in Wien erschossen worden. Die Deutsche wurde festgenommen und später an Deutschland ausgeliefert.

Jahrelang war nach Klump und vier weiteren angeblichen RAF-Mitgliedern international gefahndet worden. Nach einem Anschlag im Sommer 1985 auf einen amerikanischen Luftwaffenstützpunkt in Frankfurt am Main und der Erschießung des US-Soldaten Pimental wurde ein Foto von ihr als mutmaßlicher Täterin veröffentlicht. Sie wurde in den deutschen Medien als „Todeslockvogel der Terroristen“ bezeichnet, weil sie angeblich den US-Soldaten Pimental in einen Hinterhalt gelockt hatte. Dafür gab es nie handfeste Hinweise. Nicht zu belegen war auch, was ein psychisch Kranker später als Zeuge behauptet hatte: dass Klump 1989 zu den Mördern des Deutsche-Bank-Vorstandssprechers Alfred Herrhausen gehörte. Dieser Vorwurf stand seit Januar 1992 in einem internationalen Haftbefehl. Am Ende stellte sich heraus, dass Andrea Klump Mitte der 80er nicht in den Untergrund zur RAF, sondern zu palästinensischen Gruppen in den Nahen Osten gegangen war.

In ihrem Prozess wegen des Anschlags in Rota hatte Klump angegeben, ihr sei nach der Veröffentlichung der Fahndungsfotos im Zusammenhang mit dem Anschlag in Frankfurt klar gewesen, dass eine Rückkehr für sie nicht mehr in Frage käme. Ihren Aufenthalt in einem Flüchtlingslager beschrieb sie mit „im Grunde war es ein Leben in einer Welt ohne Hoffnung auf wirkliche Veränderung“.

WOLFGANG GAST