Journalist in der Klemme

Der Al-Dschasira-Reporter Taisir Aluni bleibt in spanischer Haft – er soll nicht nur über al-Qaida berichtet, sondern auch als Geldbote für die Terroristen gearbeitet haben

MADRID taz ■ Der in Spanien festgenommene Star-Reporter des arabischen Fernsehsenders al-Dschasira, Taisir Aluni, bleibt in Haft. Dies verfügte gestern der Richter am obersten, spanischen Strafgericht Baltasar Garzón. Er wirft dem Star-Reporter des panarabischen Senders vor, das Terrornetzwerkes al-Qaida von Ussama Bin Laden unterstützt zu haben. Der aus Syrien stammende Reporter hat dies zurückgewiesen. Er war vergangene Woche in seinem Haus bei Granada festgenommen worden. Gestern lief die 72-stündige Frist ab, die Garzón der Polizei gesetzt hatte, um entsprechende Indizien und Beweise vorzulegen.

Atta als „Führer“

Nach der Untersuchung der Unterlagen aus Alunis Wohnung und einer Überprüfung der Telefonanschlüsse glaubt Richter Garzón, Kontakte mit der Hamburger Islamistenzelle nachweisen zu können, die die Anschläge vom 11. September 2001 vorbereitete. So soll Aluni mit dem Chef der Gruppe, Mohammed Atta, telefoniert haben. Er habe den Todespiloten, der in einen der beiden Türme des World Trade Centers flog, dabei als Emir – Führer – angesprochen.

Außerdem soll Aluni, der für al-Dschasira Ussama Bin Laden nach den Anschlägen vom 11. September höchstpersönlich interviewte, Gelder nach Afghanistan, in die Türkei und nach Tschetschenien geschafft haben. Bei seinen Reisen habe er zwischen 1.000 und 4.000 Dollar an Personen in islamistischen Trainingscamps von al-Qaida gebracht. Die Gelder stammten von in Madrid lebenden Syriern. Unter ihnen befindet sich Imad Eddin Barakat Yarkas. Der Abbu Dahdah genannte Landsmann von Aluni wartet in spanischer Haft auf ein Verfahren wegen Beihilfe zu den Anschlägen vom 11. September.

Aluni bestreitet die Vorwürfe. Er habe niemals Kontakt zu Atta gehabt, und bei den Geldern handele es sich um Unterstützung für syrische Familien. Bei der Übergabe habe es sich um unter Arabern übliche „Nächstenhilfe“ gehandelt. Auch habe er keine Kontakte zu Al-Qaida-Chef Ussama Bin Laden. Für das Interview sei er in der Zentrale von al-Dschasira abgeholt worden. Man habe ihn vermummt und dann zum Aufenthaltsort Bin Ladens gebracht. Eine ganz normale journalistische Arbeit.

Ganz normale Arbeit?

Unterdessen hat al-Dschasira an amnesty international appelliert, sich des Falles anzunehmen. Und Alunis Frau Fatima gab zu Protokoll, ihr Mann habe seine Überwachung für einen Scherz gehalten und gesagt: „Wenn ich etwas zu verbergen hätte, wäre ich nie nach Spanien gekommen“. Die Staatsanwaltschaft und Untersuchungsrichter Garzón glauben ihm das nicht. Sie gehen davon aus, dass Aluni auch zur Struktur der al-Qaida gehörte. Sobald die Ermittlungen abgeschlossen sind, wird gegen Aluni ein Verfahren wegen Unterstützung oder gar wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung eröffnet werden.

REINER WANDLER