Polizei penetriert Paris

„Kommissar LaBréa“ versucht mit schönen Schauplätzen vom miesen Drehbuch abzulenken (Do., 20.15 Uhr, ARD)

An Fernseh-„Oscars“ mangelt es zwischen Grimme-Preis und Deutschem Fernsehpreis ja nicht. Bitter benötigt allerdings wird eine Goldene Himbeere für unsere Fernsehindustrie, wie Hollywood sie als „Razzie“ für besonders schlechte Leistungen vergibt. Das tritt klar wie nie zutage, wenn am Donnerstag das Erste gemäß dem Inga-Lindström/Commissario-Laurenti-Prinzip erstmals das Land penetriert, in dem sonst die Deneuve, Delon und Depardieu spielen. Jetzt sind deutsche Knattermimen auch als waschechte Franzosen unterwegs.

Als, äh, Bullen namens Kommissar Maurice LaBréa heuerten die ARD und die Bertelsmann-Firma Teamworx ausgerechnet Francis Fulton-Smith an. Schon im Vorspann trägt er so geschickt ein kleines Baguette durch Paris wie später seine Pistole durch den Zeitlupenshowdown; ansonsten aber macht er genau da weiter, wo er sonst als Vorstand der Fernseh-„Familie Dr. Kleist“ aus Eisenach gerade aussetzt.

Nach fünf Minuten ist ein Gruselmord geschehen (den die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen nur deshalb nicht für jugendgefährdend halten muss, weil er grotesk sediert geschauspielert wird), vor allem ist man informiert über die private Konstellation des Kommissars, der als verwitweter Vater ein fußballbegeistertes Mädchen und ein Hündchen versorgt. Platz für eine Frau also bleibt noch, daher grinst Valerie Niehaus (aktuell in „Der Landarzt“) als Künstlerin Céline, dass es eine Schande ist. Im Vergleich macht sogar Gudrun Landgrebe als Pathologin Brischied (wie Bardot) eine bessere Figur.

Die berufliche Konstellation des Kommissars zwischen jungen Assistenten (Bruno Bruni schaut angemessen gelangweilt drein) und großspurigen Vorgesetzten entspricht wiederum verblüffend derjenigen um „Commissario Brunetti“ aus Venedig. Vom selben Vorbild brachte Regisseur Sigi Rothemund auch das ästhetische Konzept mit: Le Commissaire schlendert gemächlich an Cafés entlang, damit das Publikum mitbekommt, dass am Originalschauplatz gedreht wurde. Nur beim Dreh der zentralen Sequenz, in der eine Polizistin den gesuchten Serienkiller undercover aufspüren soll, haben die deutschen Fernsehleute offenbar beschlossen, dass es unschön wäre, die Anwohner des Bastille-Viertels durch aufwändige Dreharbeiten zu belästigen, und setzen eher auf wohlwollende Imagination.

So verschwimmen eklatante handwerkliche Fehler, die den dargestellten Polizisten ins Drehbuch geschrieben wurden, mit solchen der Inszenierung sowie Dialogzeilen à la „Es muss etwas Einfaches sein, wir kommen nur nicht darauf. Vielleicht ist es zu einfach“, dass dieses schläfrige Soufflé von Klischees fast schon wieder ein Riesenspaß ist.

CHRISTIAN BARTELS