Verdeckt, versteckt, abgewürgt

Der NRW-Filz wucherte auch rund um den einstigen Ministerpräsidenten Clement. Ein Untersuchungsausschuss soll klären, ob Aufträge korrekt ausgeschrieben wurden

DÜSSELDORF taz ■ Bundeswirtschafts- und arbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) gebot bis zu seiner Ernennung im vergangenen Jahr als NRW-Ministerpräsident über das größte Bundesland. Sein Wort galt manchem Genossen mehr als das Gesetz. Nun droht die Vergangenheit den Superminister einzuholen.

Heute nimmt im nordrhein-westfälischen Landtag ein Untersuchungsausschuss seine Arbeit auf. Die Parlamentarier wollen Missstände bei mehreren landeseigenen Gesellschaften aufklären. Dabei geht es ihnen vor allem um die Rolle Clements. Die Rede ist von Günstlingswirtschaft, Filz und Geldverschwendung. Allein ein alter Clement-Kumpel soll Staatsaufträge in Höhe von mehr als 6,5 Millionen Euro eingesammelt haben – ohne ordentliche Ausschreibung. Das geht aus einem Bericht des Landesrechnungshofes (LRH) hervor, der der taz vorliegt. Der Kumpel leitet die Werbeagentur Noventa in Hamburg. Er heißt Christian Langer. Der PR-Profi ist seit fast 20 Jahren mit dem Karrierepolitiker Clement befreundet.

In der Vergangenheit bestritt Clement, dass Langer aus seinen Beziehungen Geld gemacht habe. Alles sei mit rechten Dingen zugegangen. Auf eine taz-Anfrage sagte ein Clement-Sprecher jetzt: „Kein Kommentar.“ Langer selbst erklärte, er habe alle Aufträge über Ausschreibungen gewonnen und brauche sich nichts vorzuwerfen. „Ich habe Leistungen erbracht und wurde dafür bezahlt.“ Die NRW-Staatskanzlei hält die Vorwürfe des LRH für weitgehend aufgeklärt und meint, das müsse reichen.

CDU-Landeschef Jürgen Rüttgers sieht das anders. In den Beschwerden des LRH erkennt er „systematische“ Verstöße gegen Recht und Gesetz. FDP-Wirtschaftsfachmann Gerhard Papke sagt: „Wir hoffen, im Untersuchungsausschuss die Rolle von Herrn Clement in dem Skandal aufklären zu können.“

Im Einzelnen kritisiert der LRH in zwei umfangreichen Berichten die Vergabe- und Geschäftspraxis bei der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung NRW mbH (GfW) und der Projekt Ruhr GmbH. Beide gehören allein dem Land. Die Aufsichtsräte werden von Genossen dominiert. Besonders die GfW geriet ins Visier der Rechnungsprüfer. Auf 90 Seiten stellten sie fest, dass Clement-Freund Langer in den Jahren ab Herbst 1998 bis Ende 2001 Aufträge über mehr als 13 Millionen Mark bekam, um das Image von NRW aufzupolieren. Nach Ansicht des LRH hätten die Langer-Aufträge öffentlich ausgeschrieben werden müssen.

Dem widersprach der GfW-Aufseher und damalige Wirtschaftsminister Ernst Schwanhold (SPD): Das Land habe eine PR-Agentur gesucht, die „mit den Verhältnissen in NRW in besonderem Maße vertraut ist“. Wer wäre da besser geeignet als Clement-Kumpel Langer? Der Mann war als vertrauenswürdige Hilfe bekannt. Im Frühjahr 1998 fädelte Langer nach eigenen Angaben die Anmietung eines repräsentatives Gebäudes am Rhein im persönlichen Auftrag Clements ein.

Der Untersuchungsausschuss will jetzt unter anderem herausfinden, ob es eine Anweisung von Clement gab, Langer bei Vergaben zu bevorzugen. Irgendetwas zu beweisen, dürfte nach Ansicht eines Mitglieds des Ausschusses aus dem rot-grünen Regierungslager schwer werden. „Das Motto ist jetzt: Verdecken, verstecken, abwürgen.“

DAVID SCHRAVEN