Die Schröder-Köpfs kommen

Als „Doris ihr Mann“ reist Kanzler Schröder zu einem letzten Wahlkampfauftritt nach Bayern – ins schwäbische Dillingen, wo „die Doris“ zur Schule gegangen ist. Die Bayern-SPD unter ihrem blassen Spitzenmann Maget rettet das auch nicht mehr

aus Dillingen/Donau JÖRG SCHALLENBERG

Keine Chance. „Nein“, sagt die Standfrau in einem sehr resoluten Ton, „die letzten beiden Bratwürste sind für den Kanzler und seine Frau reserviert.“ Schade – aber das weiß man eben auch hier in Dillingen an der Donau, wie sehr Gerhard Schröder Bier und Bratwurst liebt. Es fragt sich nur, ob er die beiden heiß verteidigten Exemplare jemals zu Gesicht bekommen hat, schließlich drängeln sich auch am späten Samstagnachmittag noch gut tausend Besucher zwischen dem Kanzler und der Bude mit dem viel versprechenden Namen „Bratwursthimmel“. Eine Stunde zuvor hatten sich sicher noch einmal gut 500 Menschen mehr auf dem engen Marktplatz der schwäbischen Kleinstadt versammelt, um den Bundeskanzler zu begrüßen.

So einen Andrang gab es hier schon lange nicht mehr – und dabei geht es heute doch gar nicht um den Kanzler. Das machen schon die Plakate klar, die überall in der Stadt stehen. „Doris Schröder-Köpf kommt …“, verkünden da große schwarze Lettern über dem Bild des Kanzlerpaares, darunter liest man dann, etwas kleiner gesetzt, „… in Begleitung ihres Gatten, Bundeskanzler Gerhard Schröder.“ Oha, ist es schon so weit? Ich wähl Doris ihrem Mann seine Partei, wie es auf einem Aufkleber zur letzten Bundestagswahl hieß? Aber nein, es ist nur so, dass Doris Schröder-Köpf auf Heimatbesuch ist. Hier in Dillingen an der Donau, knapp 20.000 Einwohner, etwa 40 Kilometer nordwestlich von Augsburg, seit 20 Jahren von der SPD regiert, ist sie zur Schule gegangen. Gelebt hat sie im nahe gelegenen Örtchen Tagmersheim. Ein paar Kilometer weiter in Neuburg schrieb die Journalistin ihre ersten Zeilen als Praktikantin der Donau-Zeitung – bevor Doris Schröder-Köpf später über Bild, Focus und Antenne Niedersachsen ins Kanzleramt gelangte. Hier ist also der Ort, wo alles begann.

Was lag also näher, dachte sich der findige SPD-Landtagsabgeordnete Johannes Strasser, als die populäre Kanzlergattin eine Woche vor den bayerischen Landtagswahlen zu ihrem ersten offiziellen Heimatbesuch einzuladen? Keine Frage, der Erfolg gibt ihm Recht. Schon lange, bevor die Schröder-Köpfs an ihrer ersten Station, dem Rathaus, ankommen, drängen sich hier Besucher und Journalisten hinter der Absperrung. Vor ein paar Wochen stand man bei der Wahlkampftour des Spitzenkandidaten der Bayern-SPD, Franz Maget, auf menschenleeren Marktplätzen in der sozialdemokratischen Diaspora. Der gewaltige Unterschied zwischen dem kümmerlichen, an charismatischen Personen armen Landesverband und den Stars der Bundespartei ist überdeutlich.

Nach den jüngsten Umfragen droht die SPD in Bayern unter 20 Prozent zu fallen, und auch an diesem Samstag beachtet kaum jemand Franz Maget, der in seinem rot-blauen Wahlkampfbus als erster vor das Rathaus rollt. Als wenig später die dunklen Limousinen mit dem Kanzlerehepaar heranrauschen, geht ein Raunen durch die Menge. Für die nächsten Stunden ist von Maget nichts mehr zu sehen. Erst nach dem Eintrag ins Goldene Buch, nach den Reden von Gerhard Schröder und Doris Schröder-Köpf auf dem Marktplatz, nach Kabarettisten, Artisten, Musikern und dem Auftritt der Lebenshilfe darf der SPD-Spitzenkandidat ganz zum Schluss noch ein bisschen Wahlkampf auf der Bühne machen – da ist die Hälfte der gut 1.500 Zuschauer schon wieder gegangen.

Wertet man es negativ, dann traut man Maget einfach nichts mehr zu, sieht man es positiv, dann ging es ja auch nicht um ihn. Sondern um „die Doris“, wie sie ihre ehemaligen Mitschülerinnen und Lehrerinnen nennen. Die gesteht, dass sie „in der Pubertät alles andere als einfach war“ und dass sie in Dillingen „zehn der schönsten Jahre meines Lebens“ verbracht hat. Wie es damals im katholischen Mädcheninternat so zuging, bleibt trotz einiger Andeutungen weiter geheim, dafür sollen sich doch jetzt bitte endlich „die liebe Tante Hilde und die liebe Tante Walli“ vor der Bühne einfinden. Das war es dann auch schon. „Dünn ist die Doris geworden“, raunt der Oberbürgermeister dem Pfarrer zu. Vielleicht sollte sie mal eine Bratwurst essen. Oder zwei.