„Lieber veredeln als verbreitern“

Kurz vor Ende der c/o pop zieht Veranstalter Ralph Christoph erste Bilanz: An Gästen mangelte es den 70 Veranstaltungen nicht – aber ein wenig an Struktur: „Auch für uns war jeder Tag Trial and Error“

Interview Oliver Minck

Die c/o pop startet in ihr letztes Wochenende. Ob „Monsters of Spex“ und „Wellenbrecher“ im Tanzbrunnen, „Civilization of Love“ in der Herz Jesu Kirche oder „World of Reggae“ im Jugendpark – an guter Musik geht an diesem Wochenende in Köln kein Weg vorbei. Zeit, um inne zu halten und mit Ralph Christoph, dem Programmgestalter der c/o pop, schon mal Resümee zu ziehen.

Herr Christoph, nach vierzehn Tagen Programm steht die c/o pop kurz vor ihrem Abschluss. Können Sie schon eine erste Bilanz ziehen?

Ralph Christoph: Die fällt natürlich sehr vielschichtig aus. 400 Künstler, verteilt auf 70 Veranstaltungen in drei Wochen – das ist unglaublich viel Holz. In Zukunft werden wir das deutlich komprimieren müssen. Für uns lief dieses Mal alles unter dem Motto „Trial and Error“ - auch wir als Veranstalter haben jeden Tag Neuland betreten. Aber die Kernsachen haben erstaunlich gut geklappt. Die „Deutschlandreise“ zum Beispiel: 75 Künstler verteilt auf 10 Clubs. Die ganze Koordination – alles lief auch auf technischer Ebene reibungslos. Und das Publikum hat das komplett angenommen.

Aber mit dem Shuttle-Bus gab es Probleme.

Zugegeben: Hätte der Shuttle besser gearbeitet, hätte man das mit der Fluktuation auch noch wesentlich besser hinbekommen. Mehr als drei Busse konnten wir uns aber auch nicht leisten; da war ja nichts gesponsert. Sehr gut geklappt hat aber das Prinzip der „c/o pop friends“ – Leute, die wir aufgefordert hatten: Macht was c/o pop Relevantes in euren Clubs. Da gab es überhaupt keine Ausfälle, eine sehr gute Resonanz und viele Besucher. Das Gleiche gilt für den Film- und Kunstbereich.

Gab es auch Nieten – Sachen, die man so besser nicht noch mal machen sollte?

Nein. Es gibt eher ein grundsätzliches Problem, wenn man ein dreiwöchiges Programm strickt und bestehende Großveranstaltungen wie S.O.M.A. und Electrobunker integriert. Es war ein strategischer Fehler zu denken, man müsse selbst auch noch größer werden, nur weil man in etwas Größerem aufgeht. Besuchermäßig war das S.O.M.A. ein absoluter Rekord. Aber man hat zu viel gewollt, zu viele Künstler, zu viele verschiedene Sachen. Das gleiche gilt für den Electrobunker, der auch noch Pech mit dem Wetter hatte und mit der Clubnacht konkurrieren musste. Die Conclusio daraus ist: Lieber das Spezifische einer Veranstaltung rausarbeiten und veredeln, als verbreitern, also auf Quantität zu gehen. Was man aber jetzt schon sagen kann: Der Karren ist nicht vor die Wand gefahren, die GmbH ist nicht pleite, wir glauben an die Sache und werden weiter machen. Zurzeit sind wir permanent am Analysieren und vermutlich selber unsere schärfsten Kritiker.

Was muss sonst noch im nächsten Jahr anders werden?

Wir werden uns 2005 auf zwei Wochenenden konzentrieren. Ob die großen Festivals dann auch wieder im c/o pop-Rahmen laufen, ist noch nicht ganz sicher. Das müssen die Modul-Festivals aber auch für sich selbst klar kriegen. Wegen des Weltjugendtags Mitte August müssen wir außerdem ein anderes Zeitfenster finden - da werden in Köln ja eine Million junger Christen am Start sein. Auch der mem-Kongress wird nicht mehr am Ringfestwochenende, sondern am c/o pop-Hauptwochenende stattfinden.

Apropos mem: Der neue Masterplan wurde da ja nicht gerade verkündet.

Die Frage ist, wo man die Latte anlegt. Sowohl der mem-Kongressals auch die c/o pop sind schließlich komplett von Null aus dem Boden gestampft worden. Trotzdem tragen sie die Erblast der Popkomm. Das ist so legitim wie falsch. Wir wollten die Popkomm nie beerben. Wir wollten was anderes machen. Ich finde den mem-Kongress als Ausgangsbasis gar nicht so schlecht. Immerhin saß dort kein Vertreter des klassischen Klientels auf dem Podium, das wir hier jahrelang auf der Popkomm ertragen mussten. Ich behaupte nicht: die Welt braucht den mem-Kongress. Ich habe aber sehr gute Panels gesehen. Darauf kann man auf jeden Fall aufbauen. Man muss ja auch erst mal weg von den eingefahrenen Wegen: Wer den dicksten Stand hat, kriegt auch das beste Panel und so ein Quatsch. Es ging darum, das alles auf eine halbwegs normale, unprätentiöse Arbeitsebene runterzubrechen.

Ist die c/o pop denn schon in Köln angekommen?

Wir haben auf der rein „propagandistischen“ Seite alles gegeben, damit das Festival präsent ist. Auch über mangelnde Presseresonanz können wir uns nicht beschweren - die ist sensationell. Die c/o pop ist angekommen, aber noch nicht komplett verstanden worden. Das ist wie komplizierte Architektur, die man sich erst erschließen muss: also kein Strandhaus auf Mallorca, eher ein Guggenheim Museum. Es ist wahnsinnig schwierig, das an den Verbraucher zu bringen. Auch deswegen muss eine Vereinfachung des Prinzips her.