Skandalöse Freundschaft

Betr.: Streit um Hamburger Ehrendoktor für Wladimir Putin, taz nord , diverse Berichte

An der Zivilcourage des Hamburger Professors Michael Greven, die die Ehrendoktorwürde für Wladimir Putin verhindert hat, sollte sich Gerhard Schröder ein Beispiel nehmen. Die ostentative Freundschaft, die Schröder ausgerechnet mit (...) Putin und in dieser Form mit keinem anderen ausländischen Politiker pflegt, ist „insbesondere für einen deutschen Bundeskanzler skandalös“ (André Glucksmann). Gemeinsame Geburtstags- und Weihnachtsfeiern der beiden „Seelenverwandten“ (Die Zeit) gehen über das hinaus, was Staatsräson und deutsche Wirtschaftsinteressen gebieten. (...)

Mit atemberaubender Kaltschnäuzigkeit ignoriert Schröder den schleichenden Genozid im Nordkaukasus bei seinen Gesprächen mit der russischen Regierung. Für eine solche deutsche Außenpolitik wurden nicht jahrzehntelang die NS-Zeit und der Holocaust aufgearbeitet. Langfristig verspielt Schröder durch seine Russlandpolitik die Glaubwürdigkeit deutscher Außenpolitik, indem er ausschließlich die Wirtschaftsinteressen der Deutschland-AG verfolgt.

Mit Glückwünschen an Putin zur „erfolgreichen Geiselbefreiung“ aus dem Musical-Theater mit über 170 Toten durch den Einsatz eines vermutlich international verbotenen Giftgases, Lob für den politisch motivierten, selektiven Chodorkowskij-Prozess als „Beispiel für den russischen Rechtsstaat“, Schweigen zur Liquidierung der unabhängigen Presse in Russland und der Anregung, Putin die Ehrendoktorwürde durch die Universität Hamburg zu verleihen, gibt Gerhard Schröder ein geradezu jämmerliches Bild als demokratischer Politiker ab. Markus Elble, Berlin