Von der Kunst, eine Straße zu beleuchten

Die Stadtgemeinde scheitert an der Aufgabe, die Straßenbeleuchtung kostengünstig zu organisieren – und will diese Aufgabe deshalb an Private vergeben. Dabei wurde offenbar so schlecht verhandelt, dass jetzt erst einmal gar nichts passiert

Bremen taz ■ Für die Beleuchtung der Straßen der Stadt zu sorgen ist sicherlich eine vornehme, aber nicht unbedingt eine hoheitliche Aufgabe. Eine Stadtverwaltung kann dafür ebenso gut eine private Firma engagieren – andere Kommunen wie Leipzig tun das, in Holland ist es seit längerem üblich. Seit einem Jahr arbeitet auch Bremen daran. Die Begründungen für die Vorteile der privaten Lösung sind frappierend, wenn man sie als Eingeständnis dessen liest, was eine städtische Verwaltung alles nicht kann: „Der Stromverbrauch kann durch wirtschaftlichere Leuchtmittel reduziert werden, was auch ökologisch Vorteile bringt“, heißt es in einem Papier des Bausenators, das am kommenden Dienstag in die Senatsberatung eingebracht werden sollte. Offenbar konnte die Stadt in den vergangenen Jahren diese vorteilhaften Leuchtmittel nicht in Anschlag bringen. Weiterer Vorteil einer Privatisierung: Der private Erwerber könnte „Investitionen in den Anlagenbestand tätigen und darüber erhebliche Effizienzgewinne beim Personal- und Materialeinsatz sowie beim Stromverbrauch erzielen“. Auch solches Handeln scheint der staatlichen Verwaltung nicht möglich.

Bremen hat in den letzten Jahren auf Effizienzgewinne verzichtet, ein “Investitionsstau“ sei entstanden, hat das Bauressort erkannt. Schließlich, so argumentiert die Senatsvorlage, könnte ein privater Betreiber der Stadtbeleuchtung Stromsteuer in Höhe von 170.000 Euro pro Jahr sparen. Dass eine Landesregierung das als Argument für die Privatisierung anführt, entbehrt nicht einer gewissen Komik – immerhin ist es der Staat, dem die Steuern dann fehlen, die vorher als „Ersparnis“ bewertet wurden.

Alles spricht also dafür, solche wichtigen Aufgaben wie die Straßenbeleuchtung nicht dem etwas unfähigen staatlichen Apparat zu überlassen: Zwischen 14 und 17 Prozent der Kosten könnte Bremen sparen, das war das Ergebnis der Ausschreibung. Und 15 Millionen Euro Verkaufserlös würde der Erwerber zahlen, von denen die Zinsen auch als bremischer Gewinn gerechnet werden könnten. Zwei Firmen haben sich für die Übernahme der bremischen Straßenbeleuchtung – der Vertrag sollte über 20 Jahre laufen – interessiert: die Stadtwerke swb, die im Auftrag der Stadt auch bisher schon den Strom liefert und Lampen aufstellt, und Tochterfirmen des holländischen Nuon-Konzerns, der in 60 Prozent der holländischen Städte das Beleuchtungs-Geschäft übernommen hat. Am Ende hatte das Nuon-Angebot gewisse Vorteile: Es sah vor, nicht noch mehr in energiesparende Leuchten zu investieren und nicht nachts jede zweite Straßenlampe abschalten, sondern alle Lichter zu „dimmen“. Als Vergütung für die Straßenbeleuchtung wollte die Nuon 5,98 Millionen Euro pro Jahr haben, die swb 6,2 Millionen. Bisher werden Kosten von 7,1 Millionen Euro gerechnet. Morgen nun sollte der Senat sich für Nuon entscheiden und gegen die swb, das empfahl der Bausenator. Soweit, so gut – bis dann am Freitag ein Anruf kam: Nuon zieht sein Angebot zurück. Warum, das will der Senat noch herausfinden.

Die Angelegenheit ist vor allem deswegen peinlich, weil sie nach dem öffentlich ausgetragenen Streit zwischen dem Bausenator und der swb nun den nächsten Affront gegen den Bremer Energieversorger darstellt. Unter Freunden hätte man der swb den Hinweis geben können, dass sie ihr Angebot etwas nachbessern müsse. Das Bauressort tat das Gegenteil: Die Differenz zwischen dem Nuon- und dem swb-Angebot von 204.000 Euro im Jahr wurde auf die gesamte Laufzeit des Vertrages hochgerechnet, also mit 20 multipliziert, damit auf dem Papier die gewaltige Summe von 4,08 Millionen Euro Ersparnis klar den Ausschlag für Nuon geben würde. Solche Zahlenspiele machen vor allem deutlich: Das Bauressort will die swb nicht.

Und es geht dabei um weit mehr als eine Bremensie: Der Nuon-Konzern ist in Holland der große Konkurrent des gewichtigen swb-Anteileigners Essent, dem Bremen schon die Eon-Anteile an der swb nicht überlassen wollte. Aus den Zwischentönen in dem Papier des Bauressorts wird recht deutlich, dass nun nicht das passieren wird, was in Bieterverfahren üblich ist: Springt der erste Bieter ab, bekommt der zweite den Zuschlag. Immerhin würde Bremen auch bei der swb-Lösung pro Jahr eine Million Euro sparen und 15 Millionen Verkaufserlös kassieren. Offenbar will Bremen diese Option nicht für den vorgesehenen Termin – 1.1.2005 – wahrnehmen, sondern das ganze Verfahren platzen lassen – der Vorgang wirft ein gedimmtes Licht auch auf das Verhandlungsgeschick der Stadt. Klaus Wolschner