Niederlage aus der Sicht des Liegestuhls

0:4 verliert der FC Union sein Pokalspiel gegen den SC Freiburg. Doch die Fans nahmen das Ganze eher gelassen. Gästetrainer Volker Finke indes attestierte seiner Mannschaft, dass deren Einstellung nichts zu wünschen übrig ließ

20 Meter von dem Plakat „Komasapiens Köpenik“ entfernt waren an diesem Sonnabend in der Alten Försterei die adäquaten Plätze für ein DFB-Pokal-Spiel, das diesmal keine eigenen Gesetze hatte: 25 Liegestühle, aufgeklappt auf der Tribüne neben dem Gästeblock. Und so spiegelte die Position der 17 Union-Anhänger in den blau-weißen Strandmöbeln das Geschehen auf dem Spielfeld durchaus wieder – Entspannung pur.

Natürlich sah der Freiburger Fußballlehrer Volker Finke den 4:0-Sieg seiner Mannschaft ganz anders. Spaziergang? Von wegen. Selbstläufer? Mitnichten. Klare Angelegenheit? Okay, irgendwann sei es ein sehr leichtes Spiel geworden.

Das Irgendwann begann in der 36. Minute mit einem Rückpass von Tobias Willi. Völlig unbedrängt passte er den Ball von der Mittellinie zum Torhüter Richard Golz. Ein Pass, der signalisierte: Wir führen 1:0 (Tor durch Ibrahim Tanko, 16. Minute) und schaukeln das Ding jetzt gemütlich nach Hause.

So kam es dann auch. Erst recht nachdem der Unioner Frank Kaiser in der 40. Minute Oumar Kondé am rechten Strafraumeck regelwidrig zu Fall brachte und Levan Tskitishvili den folgenden Elfmeter souverän zum 2:0 verwandelte.

Eine Spielklasse Unterschied, sagte der Unioner Trainer Frank Wormuth nach dem Pokalspiel, bedeute pro Partie eine Zwei-Tore-Differenz. Von daher war das 0:4 des Regional- gegen den Bundesligisten nur die logische Konsequenz der Wormuth’schen Arithmetik. Wissen müsse man, wo sie herkommen, sagte Wormuth noch. Und wissen, wohin sie gehen wollen. Eine Floskel, mal eben so ausgesprochen, wie die Beobachtung von Volker Finke, dass die Einstellung seiner Mannschaft nichts zu wünschen offen gelassen hätte.

Die zweite Halbzeit war genauso spannend wie die Erkenntnisse der Trainer. Zweimal traf Alexander Iashvili (49./76. Minute), zweimal rettete die Unioner Nummer sechs, Benjamin Wingerter, auf der Linie, und ebenfalls zweimal vergaben die Freiburger noch hundertprozentige Torchancen.

Die Anhänger des 1. FC Union reagierten auf die Überlegenheit des Bundesligisten mit dem bewährten Mechanismus: Sie feierten sich selbst und ihre Mannschaft, die, angetreten mit neon-orange Trikots, die Partie auch modisch deutlich verloren hatte. Und so war neben der vielminütigen Gesangseinlage der Anhänger aus Sicht der Unioner die Halbzeitpause das erfreulichste Element des Spiels. Nicht nur weil den exakt 5.762 Zuschauern in der Alten Försterei eröffnet wurde, dass nun alle Fans dank des „Eisernen Tarifs“ kostenlos über das Festnetz miteinander telefonieren können.

Auch ein verdienter Akteur wurde zu Ehrungszwecken auf das Spielfeld gebeten. Steffen Baumgart, nach dem Abstieg aus der Zweiten Bundesliga zu Energie Cottbus gewechselt, wurde zum „Unioner des Jahres“ ausgerufen. Das ihm überreichte Präsent: ein Gemälde. Darauf: ein grüner Fußballrasen umrandet von vier roten Blumen. Ein Platz auf einem der für 30 Euro zu mietenden Liegestühle neben dem Gästeblock wäre an diesem Sonnabend vielleicht passender gewesen. SVEN RECKER