Der entscheidende Schritt zur Erleuchtung

Auf der Suche nach einem „guten Karma“ kommen Menschen ins Buddhistische Zentrum Köln. Hier besinnen sie sich auf sich selbst, finden Ruhe, aber auch eine lebendige und alternativ denkende Gemeinschaft. Weil das Interesse steigt, sucht der Verein ein größeres Domizil in der Nachbarschaft

Von Marika Dresselhaus

„Welcome to the Tasso-und-Klaus-Show!“ Mit einem Schuss Selbstironie begrüßen die beiden buddhistischen Reiselehrer ihre Zuhörer und sorgen zu Beginn des Gastvortrags von Tasso Killianiotis für Belustigung. Da der gebürtige Grieche extra aus seiner Wahlheimat New York angereist ist, spielt sein Kölner Kollege Klaus Neukirchen heute den Übersetzer. Der etwa 60 Quadratmeter große Meditationsraum platzt aus allen Nähten. Die rund 100 Interessierten – darunter viele junge Menschen unterschiedlicher Herkunft, Verliebte, Paare mit ihren Kindern, Schwangere und auch Männer und Frauen jenseits der 50 – sitzen dicht gedrängt auf roten und gelben Kissen.

Es herrscht eine entspannte, fröhliche Stimmung. Auf dem beigen, altarähnlichen Marmorblock mit den drei Buddhafiguren und dem silbergerahmten Farbfoto von Lama Ole Nydahl, dem Oberhaupt des demokratisch organisierten und als gemeinnützig anerkannten buddhistischen Vereins, brennen Kerzen. „Wir Menschen stecken in einem dauerhaften Kampf zwischen dem Versuch, schöne Gefühle zu konservieren und schlechte zu verdrängen. Dieser Kampf vereinnahmt uns so sehr, dass wir die Chance des Zustands der überpersönlichen Befreiung – sich nicht mehr als Zielscheibe zu begreifen – völlig ausblenden.“

Doch genau dieser Zustand sei der entscheidende Schritt zur „Erleuchtung“, der vollen Verwirklichung des Geistes durch die Lehren Buddhas, erklärt Reiselehrer Killianiotis. Zwar wirkt sein Vortrag relativ unstrukturiert, undifferenziert und „aus dem Bauch heraus.“ Aber möglicherweise ist es ja auch gerade das Bauchgefühl, das der Redner bei seinen Zuhörern anspricht.

„Die Menschen kommen aus zwei Gründen hierher“, erlebt Thomas Zimmermann, der Pressebeauftragte des Buddhistischen Zentrums Köln, immer wieder. „Entweder sie haben alles ausprobiert, ein Riesenfragezeichen über dem Kopf und hoffen bei uns entsprechende Antworten zu finden. Oder sie haben bereits ein gutes Karma und wollen sich durch den Buddhismus weiter entwickeln.“ Ein gutes Karma zu haben, bedeutet, das Konzept von „Ursache und Wirkung“ verinnerlicht zu haben. Statt sich dem Schicksal ausgeliefert zu fühlen, sind sich die Menschen ihrer Eigenverantwortung im Leben bewusst.

Der 38-jährige Zimmermann kam vor knapp zehn Jahren über seine Freundin zum Buddhismus. Damals war er nachdenklich und sehr kritisch, wollte von schlauen Guru-Weisheiten nichts wissen. Doch die persönliche Begegnung mit dem charismatischen Lama hat ihn so fasziniert, dass er sich nach und nach immer stärker für die buddhistische Lehre engagierte.

„Thomas ist seitdem richtig aufgeblüht. Er hat sich quasi vom stillen Denker zum Entertainer gemausert“, beschreibt die 48-jährige Monika Gogolin etwas plakativ häufig zu beobachtende positive Entwicklungen, die sie auch an sich selbst erfahren habe. Seit sie vor zwölf Jahren auf der Suche nach etwas Spirituellem zum Buddhismus kam, habe sich ihr Leben total verändert, so Gogolin. „Ich gehe jetzt für eine private Auszeit für neun Monate allein nach Neuseeland. Das hätte ich mir damals niemals vorstellen können“, sagt die Mutter und Übersetzerin begeistert. „Der Buddhismus hat mir vor allem in schweren Lebensphasen wie meiner Scheidung sehr geholfen und mich insgesamt viel freier und furchtloser gemacht.“ Das kommt allerdings sicher nicht allein vom Meditieren oder der Einhaltung leicht nachvollziehbarer, vom Buddhismus geforderter Lebensregeln wie etwa, nicht schlecht über andere zu reden. Vor allem die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, die sich bemüht, anderen grundsätzlich offen, tolerant, umsichtig, hilfsbereit und aufrichtig gegenüber zu treten, lässt den einzelnen Charakter wachsen.

So finden Interessierte im Buddhistischen Zentrum im Kölner Agnesviertel nicht nur Ruhe, Kontemplation und einen Rahmen, um sich auf sich selbst zu besinnen, sondern in erster Linie eine bunte, lebendige, alternativ denkende Gemeinschaft von selbstständigen Menschen, die bewusster leben wollen.