Blond und blauäugig

Der Hamburger Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger möchte auf einem ehemaligen Bundeswehrgelände im niedersächsischen Dörverden „Fruchbarkeitsforschung“ betreiben. „Rassenmischung“ ist dabei unerwünscht

Von Andreas Speit

Die Eröffnung des „Fruchtbarkeitszentrums“ im Heisenhof will Jürgen Rieger nun doch schnell vorantreiben. Kaum aus seinem sechswöchigen Urlaub in Schweden zurück, erklärt der Hamburger Neonazi-Anwalt, er wolle bereits in anderthalb Jahren die „Fruchtbarkeitsforschung“ auf dem ehemaligen Bundeswehrgelände in der niedersächsischen Gemeinde Dörverden betreiben.

„Vielleicht auch schon früher“, sagt Rieger. Im Juli war bekannt geworden, dass der Vorsitzende der „Artgemeinschaft – Germanische Glaubensgemeinschaft“ als Bevollmächtigter der „Wilhelm-Tietjen-Stiftung“ das etwa 26.000 Quadratmeter große Gelände mit vier Gebäudekomplexen erwarb. Damals erklärte er, erst in „zwei, drei Jahren“ im Heisenhof „kinderlosen Ehepaaren zu Kindern verhelfen“ zu wollen (taz berichtete).

Doch die Spermaspender und -empfängerinnen stünden schon jetzt Schlange, berichtete Rieger dem Weser-Kurier. Die Sorge vor einem modernisierten „Lebensborn“ bezeichnet er als „Quatsch“. Allerdings sei er „gegen eine Rassenmischung“ und werde auch „darauf achten“, „dass blauäugige Frauen nur den Samen eines ebenfalls blauäugigen Mannes“ bekämen.

Überhaupt will der Herr die Damen nur mit „hochwertigen Samen“ versorgen. Intelligenz, Gesundheit und Erbkrankheiten würden bei den Spendern genau überprüft. Die Pläne dürften aber keinen beängstigen. „Nehmen wir mal an, wir würden dort Super-Arier im Reagenzglas erzeugen, dann belastet das doch niemanden“, so Rieger unschuldig. Die Stiftung werde schließlich niemanden zwingen.

Der Förderung des Familiennachwuchses hat sich auch Riegers Verein „Mütterdank e. V.“ verschrieben. Allerdings setzt der 1987 ins Hamburger Vereinsregister eingetragene Verein noch auf die klassische Familienförderung. Der Zweck von „Mütterdank“ sei es, „die Interessen aller Familien mit besonderer Berücksichtigung der kinderreichen und jungen Aufbau-Familien“ zu wahren, heißt es in der Vereinssatzung. Insbesondere solle die „finanzielle Lage der Familien verbessert werden, um „Abtreibungen aus sozialer Indikation zu verhindern“.

Ein halbes Jahr nach der Gründung gab das Finanzamt dem Antrag des Vereins auf Steuerbegünstigung statt, den dieser aufgrund seines „mildtätigen Zweckes“ gestellt hatte. Ein Nachweis über eine gemeinnützige Tätigkeit findet sich zwar in der Vereinsregisterakte nicht, dennoch hat „Mütterdank“ ganz offensichtlich Geld zur Verfügung. Die Geschäftsstelle sitzt in einem renovierten Altbau in Harburg, der dem Verein gehört. In dem Mehrfamilienhaus in der Kalischerstraße wohnt die langjährige Schatzmeisterin Helga-Lena Grehn. Nach eigenem Bekunden erledige sie lediglich, was Rieger ihr auftrage. Ihre Aufgabe bestehe ausschließlich in der Aufstellung der Mieteinnahmen für das Finanzamt. Ein weiteres Haus besitzt der Verein in Krakenstorf bei Tostedt.

„Der Verein ist uns bekannt“, versichert Hamburgs Vize-Verfassungsschutzchef Manfred Muck. Öffentliche Aktivitäten hätte der Verfassungschutz allerdings nicht festgestellt. „Das Konstrukt dürfte mehr den Immobiliengeschäften Herrn Riegers dienen“, meint Muck. Derzeit würde die Gemeinnützigkeit überprüft. Bis jetzt kann Rieger aber noch Spenden und Erbschaften über den Verein steuerbegünstigt für den Aufbau von rechten Schulungszentren, der Pflege der „arteigenen Religion“ und der Entwicklung des „Fruchtbarkeitszentrums“ annehmen.

Ärger könnte Rieger allerdings mit der Gemeinde Dörverden bekommen. Da der Heisenhof, in dem das „Fruchbarkeitszentrum“ unterkommen soll, jahrelang leer stand, müsse Rieger bei einer Neunutzung einen Bauantrag stellen, sagt der Erste Kreisrat Ronald Butz. Doch so schnell gibt ein Rieger nicht auf: Sollte die Behörde die Sanierung behindern, wettert er in der Lokalzeitung, dann müsse sich die Gemeinde auf Schadensersatzforderungen „ohne Ende“ einstellen.