Laut und lose

Mark Lanegan präsentierte im Columbia Club tief gelegten Rock mit feinen psychedelischen Momenten

So richtig mochte man das schon zu den besten Zeiten der Danebenrocker Queens Of The Stone Age nicht glauben: dass Mark Lanegan sich damit begnügen würde, bei den Queens ein loses Mitglied zu sein, ihnen live und auf Tonträger drei, vier Stücke lang seine schmirgelig-raue, voll tönende Stimme zu leihen und sonst eher unbeachtete, arg bluesige Solo-Alben aufzunehmen.

Nachdem er letztes Jahr mit einem Minialbum angedeutet hatte, dass rock- und lärmtechnisch wieder was gehen könnte, ist Lanegan mit dem diesjährigen Longplayer „Bubblegum“ endlich wieder dort, wo Mitte der Neunzigerjahre mit den Screaming Trees Schluss war: beim tief gelegten Breitwandrock mit den feinen psychedelischen Momenten, bei einem Rock, der es verdient hätte, größer als der von Nirvana oder zumindest von Alice In Chains zu werden; und der heute noch den handelsüblichen US-Großrock weit in den Schatten stellt. Dass Lanegan einst auf den Blues gekommen war, verleiht „Bubblegum“ seine zusätzliche Note: Hier weiß einer genau, wann es laut oder leise zugehen muss, hier hat einer tatsächlich viel Leidenserfahrung.

Wer allerdings Lanegan noch als langmähnigen Loddel und im Kreis der beleibten Connor-Brüder kennt, ist an diesem Abend im Columbia Club erst einmal enttäuscht: Auf der Bühne steht ein langweiliger Typ mit einem langweiligen Kurzhaarschnitt und einer langweiligen Kombination aus langärmligem Ringelshirt und kurzärmligem dunklen drüber, der ohne Aufhebens mit seiner fünfköpfigen Band das Konzert beginnt. Dann aber hat es sich auch mit den Enttäuschungen: Die Band, obwohl wohl auch eine eher lose (Millionaire, einst bei Urge Overkill, soll dabei sein), beherrscht die Nach-vorn-Rocker genauso wie die ruhigen Stücke und auch die zähen, psychedelisch gewundenen, und Lanegan singt so groß und voluminös und melancholisch wie ehedem. Unterstützt wird er von einer beidarmig komplett tätowierten Frau, die oft Mühe hat, gegen ihn anzukommen, es zuweilen aber durchaus versteht, die Songs zu bereichern.

Dass sonst wenig kommuniziert wird, versteht sich von selbst, war schließlich nie so Lanegans Sache – ein verlegen genuscheltes, nichtsdestotrotz viel umjubeltes „Thank you very much“ muss reichen. Der Rest ist Malen nach Zahlen: Dass Lanegan besser singen kann als Oliveri, Grohl und Homme war eh klar, aber auch sonst hat die Queens Of The Stone Age an diesem Abend kein Mensch vermisst. GERRIT BARTELS