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■ Hartz etc.Operation Niedriglohnland

betr.: „Der Kanzler der Hartzen“, taz vom 19. 8. 04

Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist nicht das oberste Ziel von Hartz-IV, sondern der Abbau des Sozialstaates. Ich verstehe nicht, wie Hartz IV Arbeitsplätze schaffen soll. Sicher ist nur, dass zulasten der Ärmsten die Arbeitgeber allein in den nächsten zwei Jahren zehn Milliarden Euro sparen. Als Dank dafür fordern die Arbeitgeber weitere Belastungen und bieten als Gegenleistung: nichts. Die Kaltschnäuzigkeit, mit der Wirtschaftsverbände, SPD und CDU immer wieder Hartz IV als absolut notwendig und nicht zur Disposition stehend verkaufen, ist wahrlich nicht bemerkenswert, wenn man überlegt, wer den Nutzen hat.

Vor allem die Hartz-IV-Macher haben sich keine Gedanken darüber gemacht, welche Folgen Hartz IV auf den sozialen Frieden hat. Deshalb soll jetzt durch die Ein-Euro-Jobs ein „Reichsarbeitsdienst“ wieder eingeführt werden. […] Aus einer vorgetäuschten ökonomischen Zwangslage werden Millionen Menschen zu gemeinsamer Arbeit verpflichtet, und die CDU-SPD-Hartz-Koalition versucht, die sozial integrierenden Effekte von Arbeitsdiensten zu betonen, wie einst auch Reichsarbeitsführer Konstantin Hierl. Arbeitsdienste lohnen sich ökonomisch nicht und machen den Weg frei für eine totalitäre Grundeinstellung! Was kommt nach der „Erziehungsarbeit“? Wann kommt die Forderung, „Arbeitslager“ einzurichten? […]

HELGA KALEVELD, Asendorf

betr.: „600.000 Arbeitslose in 1-Euro-Jobs“, taz vom 19. 8. 04

Hartzer Käse, der 4te. Nun sollen die Leute für einen Euro arbeiten. Die SPD sanktioniert staatliche Ausbeutung im großen Stil und zeigt damit, dass sie am Endpunkt ihrer Sozialpolitik angekommen ist. Sie sollte Konkurs anmelden. KARL HEINZ KAMMERTÖNS, Dortmund

Clement kann ja (fast) witzig sein. Ich sehe schon die UnternehmerInnen, die sich auf das Heer der Ein-bis-zwei-Euro-JoberInnen freuen. Da kann denn ja der letzte Rest der normal Unterbezahlten entlassen werden. Auf diese Weise wird es sicher auf Dauer gelingen, das Durchschnittseinkommen der Gesamtbevölkerung zu halbieren. Die Operation Niedriglohnland geht in die entscheidende Phase.

Wie lange kommt denn Herr Clement mit 1.000 Euro aus? Vier Tage? Eine Woche? 600.000 Jobs sollen geschaffen werden. Damit sind die Ziele ja schon bedeutend niedriger gesteckt, hat Hartz doch, gemeinsam mit Schröder, vor zwei Jahren noch verkündet, zwei Millionen Jobs zu schaffen. Die Frage ist aber auch, was für Jobs sollen das denn, bitteschön, sein? Die Wohlfahrtsverbände machen jedenfalls schon Platz. Da fragen sich doch viele ausgebildete AltenpflegerInnen und SozialarbeiterInnen, wozu sie eine Ausbildung gemacht haben, wenn sie nun durch x-beliebige Hartz-ZwangsarbeiterInnen ersetzt werden sollen.

Wenn schon von Verzicht geredet wird, so hätte ich ein Alternativmodell vorzuschlagen: Die PolitikerInnen verzichten auf die Plätze in den Aufsichtsräten, und die Arbeitslosen werden rotierend für ein Jahr dorthin abkommandiert. So haben sie für ihr Leben ausgesorgt und fallen niemandem mehr zur Last. Vielleicht kommen so auch einmal innovative Entscheidungen zustande …

THOMAS FENKL, Bremen

betr.: „Schröder erklärt sich. Verstörender Auftritt“, Kommentar von Bettina Gaus, taz vom 19. 8. 04

Der Kanzler hätte sagen können egal was – die Masse, die mit dem Blechnapf trommelt, interessiert sich nicht für Zukunftsstrategien. Dabei hat nicht nur die Politik eine Bringschuld, sondern die Menschen haben auch eine Holschuld. Aber die Meinungsbildung des mündigen Bürgers endet heutzutage am Vergleichen von Preisschildern. Jede weitere Information wäre Öl ins Feuer der brennenden Seelen. Nur die – sagen wir – Verdopplung des Hartz-Einkommens würde eifrig beklatscht werden.

KLAUS WESTERMANN, Edingen-Neckarhausen

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