Die Deutsche Bahn plant sich arm

Bahn kündigt weniger Investitionen in ICE-Trassen an, weil 6 Milliarden Euro fehlen: Angeblich sei der Bund schuld. Doch den Löwenanteil verantwortet Mehdorn selbst. Allerdings will die Regierung ihre Zuschüsse um 1,2 Milliarden Euro kürzen

aus Berlin ADALBERT SINIAWSKI

Bahn-Chef Hartmut Mehdorn steht wieder einmal unter Beschuss: Als Grund für den von ihm angekündigten Stopp beim Streckenausbau sehen Verkehrsexperten Planungsfehler und Mehrkosten beim Großprojekten sowie falsche Kalkulationen des Bahn-Managements. Mehdorn hatte gestern angekündigt, lange geplante ICE-Trassen könnten nicht wie geplant verwirklicht werden, weil der Bund bis zum Jahr 2007 rund 6 Milliarden Euro an Bahnzuschüssen streichen wolle.

Doch tatsächlich hat der Bund an diesen 6 Milliarden nur einen kleinen Anteil: Um etwa 1,2 Milliarden Euro hat er im neuen Haushaltsplan die Zuschüsse für die Bahn gesenkt. Für den Rest ist die Bahn aber offenbar selbst verantwortlich.

Vor allem zu hohe Annahmen über die Bundesmittel und eigene Pannen rauben dem ICE-Ausbau die Gelder. „Schuld sind dramatische Einnahmerückgänge im Fernverkehr nach der Preisreform“, sagte Pro-Bahn-Chef Karl-Peter Naumann. So fehlen der Bahn auch die einkalkulierten Eigenmittel zum Ausbau. „Die Finanzierungsprobleme sind hausgemacht“, urteilt auch Grünen-Verkehrsexperte Albert Schmidt. Bei der mittelfristigen Planung der Investitionen sei die Bahn von „illusionären Zuschüssen“ vom Staat ausgegangen. Laut Schmidt hätte die Bahn rund 2,3 Milliarden Euro mehr für Investitionen eingeplant, als der alte Bundeshaushalts vorsah.

Zudem hätte die Bahn laut Schmidt die „erheblichen Bauprobleme“ bei den ICE-Neubaustrecken nicht einkalkuliert. Mit Planungs- und Baufehlern hatte die Deutsche Bahn vor allem auf der ICE-Verbindung zwischen Frankfurt und Köln zu kämpfen. Auch der Weiterbau des ICE-Abschnitts zwischen Nürnberg und Ingolstadt verschlingt Milliarden. Ebenso wird der Bau des Berliner Hauptbahnhofs teurer als veranschlagt. „Dadurch sind die Kosten explodiert“, sagte Schmidt. Diese Planungsfehler schlagen mit knapp 2 Milliarden zu Buche. Diese Fehler solle die Bahn selbst bezahlen.

Doch ganz unschuldig ist der Bund an der Bahn-Misere nicht: „Die Regierung hat die Absicht, die Investitionszuschüsse für den Bahnausbau um rund 1,2 Millarden für die nächsten fünf Jahre zu kürzen“, bestätigte Schmidt. Bisher flossen seitens der Bundesregierung aus mehreren Töpfen rund 5 Milliarden Euro für Investitionen bei der Bahn. Das Schienenunternehmen brachte dafür etwa 1,5 Millarden Euro an Eigenmitteln auf. „Es gibt noch keine endgültigen Kürzungsplan“, sagte Grünen-Verkehrsexperte Schmidt. Die Grünen wollten die Streichungen abwehren.

Schaffen sie es nicht, würde die Regierung ihr Versprechen nicht mehr einhalten können, die Schiene genauso stark zu unterstützen wie die Straße. Kritiker, wie Pro Bahn, sind inzwischen skeptisch, ob es der Regierung überhaupt gelingen wird, nennenswert Verkehr auf die Schiene zu verlagern.