EU-Kommission geht Butter kaufen

25 Cent bekommen Bauern in Deutschland derzeit für 1 Kilo Milch. Brüssel reagiert auf den europaweiten Preissturz mit Exportsubventionen und Interventionskäufen. Die EU-Politik sei gescheitert, sagt der Bund deutscher Milchviehhalter

BERLIN taz ■ Butter, Käse und Milch sind in den Supermärkten derzeit billig wie lange nicht mehr. So ist das halbe Pfund Butter schon für 65 Cent zu haben, den Liter Milch gibt’s für knappe 60 Cent. Der fröhliche Verbraucher ahnt: Den deutschen Milchbauern geht es wieder schlecht. Sie leiden unter den historisch niedrigen Preisen und bekommen für das Kilogramm Milch im bundesweiten Durchschnitt noch etwa 25 Cent, in Schleswig-Holstein sogar nur 20 Cent. Vor einem Jahr waren es 13,5 Cent mehr. Und auch damit hatten die Bauern nur die Untergrenze dessen erreicht, was sie zum Überleben brauchen.

„Es ist schlimmer als zu Milchstreikzeiten“, sagt Hans Foldenauer vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM). Die Bauern gerieten in massive Liquiditätsprobleme. Zum Frühjahr müsse in Dünger und Lohnarbeitskräfte investiert werden. Viele Bauern wüssten nicht, wovon sie das bezahlen sollten.

Nach Einschätzung der Milchexpertin Monika Wohlfahrt von der Zentralen Markt- und Preisberichtsstelle (ZMP) haben die niedrigen Preise verschiedene Ursachen: Nach dem Preisanstieg vor zwei Jahren sei die Produktion ausgeweitet worden, die Nachfrage sei gefallen. Dieses Marktungleichgewicht bestehe nach wie vor. Zum anderen wirke sich die EU-Agrarreform aus, die die Bauern verstärkt den Marktkräften aussetze.

Unterdessen versucht die Brüsseler EU-Kommission, die europaweit niedrigen Preise zu stützen. Seit vergangener Woche kauft sie Butter und Magermilchpulver zu einem Festpreis auf. 30.000 Tonnen Butter und 109.000 Tonnen Magermilchpulver werden so vom Markt genommen. Sollte es mit den Preisen weiter bergab gehen, erwäge die Kommission weitere Aufkäufe, sagt Michael Mann, Sprecher der EU-Agrarkommission, dann allerdings zu frei ausgehandelten Preisen. Zudem subventioniert die Kommission den Export von Milchprodukten.

Auf diese Weise wolle die Kommission 3 bis 5 Prozent der Milch aus dem Binnenmarkt drücken, sagt BDM-Mann Foldenauer. Damit verschärfe sie aber nur das Problem. „Wir brauchen einen sofortigen Rückgang der Produktionsmengen.“

Tatsächlich zeigen die EU-Maßnahmen eine fatale Wirkung. Inzwischen bieten die neuseeländischen Milcherzeuger ihre Produkte auf dem Weltmarkt billiger an, Russland erhebt seit Anfang März höhere Importzölle auf Milchprodukte. „Es ist richtig, dass die ihre Märkte schützen“, sagt Foldenauer.

Am 1. April wird die EU die Milchquote, die den Landwirten Produktionsobergrenzen vorschreibt, um ein weiteres Prozent anheben. Darauf zu verzichten sei für die Kommission kein Thema, sagt ihr Sprecher Mann. Zwar gebe es in der EU Mitgliedsländer, die die Anhebung der Quote kritisch sähen, andere Staaten jedoch würden gern noch schneller mehr produzieren dürfen. Man sei sicher, die Preise mit Intervention und Exportsubvention stabilisieren zu können. Marktbeobachter hingegen glauben, dass die Milchpreise noch tiefer fallen werden.

HEIKE HOLDINGHAUSEN