Apokalypse im Midtempo

Akribisch genau geplanter Krach: Die japanische Postrockband Mono trat im Mudd Club außerordentlich geordnet auf

„Postrock“, dieses kurz nach seiner Erfindung wieder verschwundene Genre, rumort weiter im musikalischen Untergrund. Bands wie „Sonna“, „Diario“ oder „I’m not a gun“ spielen instrumentale Musik, die die Möglichkeiten der traditionellen Besetzung auslotet und dabei ohne jegliche Rockismen auskommt. Von der hiesigen Musik- und Tagespresse werden sie dafür meist mit Ignoranz gestraft.

Auch Mono, die japanische Postrockband, ist nur einem kleinen Kreis von Fans bekannt. Erstaunlich also, dass der Mudd Club im Donnerstagabend immerhin zu zwei Dritteln gefüllt ist, als die Band mit einer knappen Stunde Verspätung ins rote Bühnenlicht tritt. Ein bäriger Japaner setzt sich hinters Schlagzeug, zwei weitere bärige Japaner nehmen mit ihren Gitarren am linken und rechten Bühnenrand Platz und in die Mitte stellt sich eine zierliche Japanerin, die hinter ihrem Bass fast verschwindet. Das also sind Mono. Die ihre erste Platte für das Tzadik-Label des legendären John Zorn aufgenommen haben und dann zwei weitere mit Steve Albini in Chicago.

Das erste Stück beginnt so, wie danach jedes weitere beginnen wird: leise. So leise, dass selbst der Cocktailshaker von der Bar die streicherartigen Gitarrendrones noch übertönt. Zur ersten Gitarre gesellt sich eine zweite, die einen langsamen Melodiebogen beisteuert. Nach einer ganzen Weile kommt der Bass dazu, der zwischen zwei Tönen variiert, dann das Schlagzeug. Mehr und mehr steigert sich das Ganze bis es in melodichem Krach angekommen ist. Dann verebbt der Song und klingt langsam aus.

So oder so ähnlich funktioniert jedes Stück von Mono. Mal mit langsamerer Steigerung, mal mit abrupterem Ausbruch, ansonsten aber ohne Variation. Im Vergleich zu Mogwai oder Godspeed You Black Emperor! zeichnen sich Mono allenfalls durch die lieblicheren Melodien aus. Die Bassistin kann einem wirklich leid tun. War sie vor dem Konzert schon dazu abkommandiert am Merchandising-Stand zu stehen und sich dort zu langweilen, macht sie jetzt die Hälfte der Zeit auf der Bühne genau dasselbe. Steht die ersten ein bis zwei Minuten der Stücke jeweils da und macht ein bedröppeltes Gesicht.

Auf den Namen Mono hört die Band wohl, weil sie ein ziemlich egomanisches Projekt des Gitarristen Taka ist. Er schreibt alle Songs und arrangiert sie am Computer. Auch auf der Bühne dirigiert er mittels Geste oder japanischem Zuruf die Länge der einzelnen repititiven Parts. So erhalten die Stücke einen sehr geordneten Eindruck. Alles ist da, wo es dem Masterplan nach sein soll. Der Musik geht das kathartische Moment ziemlich ab. Ein solch akribisch genau geplanter Krach befreit keine Köpfe.

Und wenn man weiß, dass es das erklärte Ziel des Mono-Masterminds war, auf der letzten CD den Atombombenangriff auf Hiroshima musikalisch zu beklagen, klingen die Ausbrüche erstaunlich harmlos. Die Trägerpfeiler des Mudd-Club-Gewölbes wollen nicht wackeln und außer zustimmendem Kopfnicken im Midtempo-Takt kommt auch ins Publikum kaum Bewegung. Alles in allem also eine recht sterile Apokalypse. GUIDO KIRSTEN