Viel mehr als ein laues Lüftchen

Im Nordsee-Städtchen Husum beginnt morgen die internationale Leitmesse der Windenergie-Branche. Im Mittelpunkt dürften die Prototypen für Windräder auf See stehen und die Debatte um die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

Wegen der anderen Interessen bleibt kaum Platz für Offshore-Windkraft

von GERNOT KNÖDLER

Wer hätte gedacht, dass die nordfriesische Kreisstadt Husum sich zum Messestandort mausert? Von Dienstag bis Samstag werden sich dort auf der „Husumwind“, der weltgrößten Fachausstellung zum Thema Windkraft, 480 Aussteller aus 22 Ländern präsentieren. Vor zwei Jahren waren erst 260 Aussteller präsent. Parallel zur Messe wird ein Kongress stattfinden, auf dem Themen wie Genehmigung, Bau und Betrieb von Offshore-Windparks, das Ersetzen alter Windräder durch leistungsfähigere, Fragen der Finanzierung und Exportchanchen diskutiert werden.

Die Windmesse findet in einer unsicheren Wetterlage statt. In Deutschland streiten sich Wirtschafts- und Umweltminister über die zukünftige Förderung der Windräder. Stellplätze an Land werden allmählich knapp, in wievielen Seegebieten Offshore-Windparks realisiert werden können, ist aber noch unsicher. Die HSH-Nordbank registrierte fürs vergangene Jahr bereits ein schwächeres Wachstum des weltweiten Windkraft-Marktes als prognostiziert.

Gemessen an der installierten Leistung stand Deutschland 2002 nach wie vor an der Spitze der Windenergie-Länder. Platz zwei belegte Spanien, während die USA auf Rang drei zurückfielen. Das kleine Dänemark lag mit 2.900 Megawatt gegenüber Deutschlands 13.000 Megawatt auf Platz vier.

Auch beim Bau neuer Anlagen belegten Deutschland und Spanien die ersten Plätze. Das geringere Wachstum führt die Bank daher auf die schlechte Entwicklung der „Potenzial-Märkte“ Frankreich, Großbritannien, Italien und USA zurück. Frankreichs Ziel, die im Land installierte Leistung von 145 Megawatt bis Ende 2006 auf 6.000 Megawatt zu erhöhen, sei unter den gegebenen Förderbedingungen nicht realistisch. Auch Großbritannien werde sein Ziel, den Anteil der regenerativen Energien bis 2010 auf zehn Prozent zu erhöhen, wohl kaum einhalten können, heißt es. Das durchschnittliche weltweite Branchenwachstum werde sich von 25,1 (2001 bis 2006) auf 18,3 Prozent verringern. Für den Zeitraum 2007 bis 2012 geht die Bank nur noch von 11,1 Prozent aus.

Gerade in Großbritannien dürfte der Markt für Offshore-Windparks eine große Rolle spielen. „Aufgrund der hohen technologischen Anforderungen erwarten wir den Durchbruch im Offshore-Windgeschäft erst ab 2005“, schreiben die Analysten der Bank. Die Windräder für die See müssen besonders robust und besonders groß sein, um einen wirtschaftlichen Einsatz zu erlauben. Getestet werden sie zunächst an Land. Ein solches Fünf-Megawatt-Windrad will zum Beispiel die Firma Repower Systems Anfang 2004 neben das Atomkraftwerk Brunsbüttel an die Elbe stellen.

Die vielbeschworene „Freiheit der Meere“ gilt heute nur noch eingeschränkt – auch für die Windkraft. Auf See konkurriert sie mit einer Vielzahl anderer Ansprüche: Dort gibt es militärische Übungsgebiete, internationale Wasserstraßen, Bohrplattformen und Gebiete von zentraler Bedeutung für Seevögel und Wale. Letzteres hat sogar zu geteilten Meinungen bei den Naturschutzverbänden geführt: Während der Naturschutzbund (Nabu) darauf besteht, potenzielle europäische Naturschutz- und Vogelschutzgebiete seien auch für Windmühlen-Parks tabu, hält Greenpeace Einschränkungen für zulässig. Wegen der vielen starken anderen Interessen bliebe sonst kaum ein Platz für Offshore-Windkraft übrig, befürchtet Greenpeace – und das wäre wiederum dem Atomausstieg abträglich.

Während das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) im Ausland mittlerweile abgeschrieben wird, ist es hierzulande unter Druck geraten. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) verlangte niedrigere Vergütungen, eine kürzere Förderungsdauer und sprach im Zusammenhang mit der Windenergie-Förderung gar von „Abzocke“. Zuvor hatte Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) eine Novellierung vorgeschlagen, die das EEG verbessern sollte.

Bereits das bestehende Gesetz sieht geringere Förderung für später errichtete Anlagen vor. Hanno Fecke, der Geschäftsführer der Husumer Messe, weist denn auch darauf hin, dass seit 1991 die Preise für Windstrom um 55 Prozent gesunken seien, weil die garantierte Vergütung von 18,43 auf 8,33 Cent gesunken sei. Nach dem geltenden EEG würde der Einspeisepreis bis 2010 real um weitere 20 Prozent sinken. Fecke geht jedenfalls davon aus, „dass die Diskussion um das EEG auch die Messe begleiten wird“.

Husum Wind, Am Messeplatz 16-18, 23.-27. September. Programm und andere Infos: www.husumwind.com.