Erstarrtes Knacken

Susan Mittrenga neue Vorstandssprecherin der Bremer Grünen. Sie will weniger Gemecker und mehr Konstruktives von der Fraktion hören

Bremen taz ■ Gemeinsam mit Ex-Parlamentarier Dieter Mützelburg wurde Susan Mittrenga am Wochenende zur neuen Vorstandssprecherin der Bremer Grünen gewählt – mit 68 (Mützelburg) und 62 Stimmen der rund 80 Delegierten. Die beiden lösen Klaus Möhle und Silvia Schön ab, die in die Bürgerschaft gewählt wurden und nicht erneut kandidieren konnten. Mittrenga, 36, geboren in Magdeburg, kandidierte als Grüne 1998 für den Landtag Mecklenburg-Vorpommern und war Geschäftsführerin der dortigen Heinrich-Böll-Stiftung. Seit zwei Jahren lebt sie in Bremen und arbeitet als Pädagogin im Mädchentreff Huchting.

taz: Wo werden Sie Schwerpunkte setzen?Susan Mittrenga: Mir geht es vor allem darum, den innerparteilichen Diskurs voranzutreiben, mit Blick auf Bremen, aber auch darüberhinaus. Denn die Partei ist oft sehr nach innen gerichtet. Große Diskussionslinien, die im Bund stattfinden, müssen wir mehr auf Bremer Verhältnisse herunterbrechen und für solche Diskussionen auch Orte schaffen.

Ein Beispiel bitte.

Ich organisiere seit einiger Zeit den Grünen Salon – das ist ein Versuch, über den bremischen Tellerrand hinauszuschauen, mit Themen wie Außenpolitik oder Rechtspopulismus oder Bildungspolitik. Den Salon wird es weiter geben. Ein weiterer Schwerpunkt wird sein, die guten Beiratsergebnisse zu nutzen, indem wir die vielen neuen Leute in den Beiräten politisch und inhaltlich unterstützen und ein bisschen coachen.

Klaus Möhle nennt das neue Duo Mützelburg/Mittrenga eine „Mischung aus Erfahrung und frischem Wind“. Sehen Sie sich als „frischen Wind“?Durchaus. Ich bin noch nicht so lange in Bremen und habe versucht, ein paar neue Diskussionen voranzutreiben. Dass Dieter Mützelburg und ich gemeinsam angetreten sind, war so geplant – die Strukturen Bremens machen es nötig, dass man Verbindung zu den inneren Kreisen hat, weil man es sonst sehr schwer hat.

Wie beschreiben Sie den Zustand der Bremer Grünen?Ich komme aus Mecklenburg-Vorpommern und kenne daher dramatische Wahlergebnisse für die Grünen – vor diesem Hintergrund finde ich, dass die Grünen sich hier auf einem Niveau bewegen, das viele Gestaltungsmöglichkeiten lässt. Trotzdem ist die Enge des Stadtstaates eine Gefahr gerade für eine so kleine Partei, sehr intern zu bleiben und innovative Kräfte auszubremsen oder ihnen nicht genügend Einstiegsmöglichkeiten zu bieten. Das war auch Thema auf der Versammlung am Wochenende – und damit wird es eine weitere Aufgabe für den Vorstand sein, diese Erstarrung aufzuknacken. Es geht mir besonders um die 30- bis 45-Jährigen. Die fehlen uns völlig, die müssen wir aktivieren – diese Gruppe hat nochmal ein ganz anderes Potenzial als die ganz jungen Leute.

Kann man bei den Bremer Grünen von Ermüdungserscheinungen sprechen – angesichts von acht und mehr Jahren großer Koalition, die eine Opposition zwar äußerst wichtig, aber auch sehr anstrengend macht?Ja, kann man. Und das ist ein echtes Problem. Aber meiner Meinung nach wurden in den vergangenen Jahren auch zu wenig eigene Positionen formuliert. Natürlich ist es Aufgabe der Opposition, erstmal zu sagen: So geht es nicht. Aber dann muss kommen, wie unsere Strategie aussähe. Das kam bisher zu wenig. Daran müssen wir arbeiten.

Also zuviel gemeckert und zu wenig konstruktiv gearbeitet?Zugespitzt könnte man das so formulieren.

Das ist deutliche Kritik an der Fraktion – deutet sich da ein Konflikt an? Partei gegen Fraktion?Das ist überinterpretiert. Die Fraktion hat es jetzt nicht einfach. Sie hat sich sehr verändert und muss sich erstmal warmlaufen. Da möchte ich nicht sofort Kritik üben. Aber wir werden uns darüber mit Sicherheit auseinandersetzen.

Interview: Susanne Gieffers