Ein schlechtes Spiel von Hertha BSC

Kickender Hauptstadtverein ödete an wie in der vergangenen Saison – und da waren sie wieder, die Worte, die man vergessen glaubte: fehlende Leidenschaft, mangelnde Aggressivität etc. Manager Hoeneß aber meinte, zu wenig Punkte zu haben

VON SVEN RECKER

Da waren sie wieder. All diese Worte, die erklären sollten, was eigentlich gar nicht hätte stattfinden dürfen: ein schlechtes Spiel von Hertha BSC. Nötig wurde ein Vokabular, das man vergessen glaubte. Eine Fehlannahme, wie das Nachspiel der Partie gegen Mainz 05 eindrucksvoll bewies. Mal wieder redeten alle also von fehlender Leidenschaft, von mangelnder Aggressivität, davon, dass das Zweikampfverhalten zu wünschen übrig lasse und der allerletzte Wille fehle.

Anders gesagt. Die zum Saisonstart formulierte Zielsetzung (Spaß haben, die Fans versöhnen, schönen Fußball bieten) wurde gegen Mainz 05 klar verfehlt. Der Grund hierfür war jedoch nicht allein die eigene Unzulänglichkeit der Berliner, sondern auch dass die Aufsteiger viel dafür taten, ihnen den Spaß gründlich zu verderben. Sie störten früh, standen kompakt in der Abwehr, nutzen die einzige Chance, die sie zum Ausgleich bekamen, sofort.

Das Ergebnis dieses Aufeinandertreffens von Mainzer Kampf und Berliner Unfähigkeit war, so Fredi Bobic treffend eine erste Halbzeit, die „so schlecht war, dass man sie eigentlich nicht im Fernsehen zeigen darf“. Doch auch die zweite Halbzeit war nur bedingt sendetauglich, von exakt drei Szenen mal abgesehen: In der 68. Minute passt Gilberto von links den Ball so gut in den Strafraum, dass Bobic nur noch den Fuß hinhalten musste. In der 78. Minute schießt der gerade eingewechselte Mainzer Jürgen Kramny den Ball aus etwa 20 Meter Entfernung über eine bewegungsstarre Berliner Freistoßmauer ins Tor. Schließlich (84. Minute) trifft Bobic die Latte.

Drei Unentschieden also – macht drei Punkte aus drei Partien (Bochum, Bayern, Mainz), in denen jeweils die Führung verspielt wurde. Plus die Feststellung von Manager Uli Hoeneß, „dass wir für das, was wir gespielt haben zu wenig Punkte haben“. Die Konsequenz, die Falko Götz daraus zieht, lautet: Arbeit. Noch so ein Wort, noch so eine Weisheit, die stark an die vergangene Saison erinnert, deren Schatten nun wieder über das Olympiastadion fällt. Erkennbar daran, dass nach der Partie nicht das Spiel gegen Mainz, sondern die Angst vor dem erneuten Absturz das bestimmende Thema war. „Geister rufen“ nannte Uli Hoeneß diesbezügliche Fragen und kündigte an, dass dies ein Spiel sei, dass er nicht mehr mitmachen werde. Endlich vergessen, sagte Thorben Marx, solle man die vergangene Saison – und wagte lieber den aufschlussreichen Ausblick, „dass wir zusehen müssen, dass wir besser spielen“. Und auch der Trainer, unbeteiligt an der Schmach des Absturzes, blickte viel lieber in eine für seine Mannschaft wohl wenig erholsame Zukunft: „Keiner von den Spielern braucht sich einzubilden, dass wir es in den kommenden zwei Wochen nun ruhiger angehen lassen. Gerade heute haben wir gesehen, dass wir noch viele Defizite aufzuarbeiten haben.“ Fast kommt es einem vor, als hätte man auch diese Sätze schon einmal gehört.