WENN ISRAEL WIEDER IN DEN USA SPIONIERT, SIND KONSEQUENZEN NÖTIG
: „Nie wieder“ wird nicht reichen

Mitte der 90er-Jahre brachte der israelische Autor Motti Lerner die Geschichte des Spions Jonathan Pollard auf eine Theaterbühne in Tel Aviv. Die Zuschauer wurden nach der Vorstellung aufgerufen, einen Appell an die US-amerikanische Regierung für die Entlassung Pollards aus dem Gefängnis zu unterschreiben. Keiner verließ das Haus, ohne Namen und Anschrift auf das Papier geschrieben zu haben. Ob sich das Publikum des jüdischen Theaters in Manhattan auch so engagiert für den Landesverräter eingesetzt hätte? Wohl kaum.

Zehn Jahre zuvor hatte die Affäre Pollard einen düsteren Schatten auf die jüdische Gemeinde in den USA geworfen. Juden, die im US-Regierungs- und Sicherheitsapparat arbeiteten, standen automatisch unter dem Verdacht, ihre Funktionen zu missbrauchen, möglicherweise geheime Informationen weiter zu geben oder gar Entscheidungen im Sinne des Judenstaates mitzubeeinflussen.

Aus Sorge um die diplomatischen Beziehungen und die strategische Kooperation entschied Jerusalem damals offiziell, „nie wieder“ Agenten zum wichtigsten Verbündeten zu schicken. Die bislang heftig dementierten Berichte über einen neuen israelischen Maulwurf im US-Verteidigungsministerium sind vor allem deshalb überraschend, weil die Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich kaum enger enger sein könnte: Der israelische Geheimdienst Mossad kooperiert sowohl mit der CIA als auch mit dem FBI. Das israelische Militär, die Nachrichtendienste und das Verteidigungsministerium haben Vertreter in Washington, die ständig über Rüstungshandel von und in die USA informiert werden. Der Einsatz eines israelischen Agenten in den USA macht also keinen erklärbaren Sinn.

Trotzdem wettern schon erboste Stimmen gegen den jüdischen Einfluss, der israelische vor US-Interessen stellt. Der Irakkrieg und mögliche Schritte gegen das iranische Atomprogramm, alles „made in Israel“. Die Affäre stößt Türen und Tore auf für zäheste Vorurteile. Sollten sich die Berichte als wahr erweisen, muss Jerusalem überzeugendere Konsequenzen ziehen, als das schlichte Versprechen, es „nie wieder“ zu tun. SUSANNE KNAUL