Kostenlos ist nur die E-Gitarre

Weil die Haushaltslage angespannt ist, sollen Gefangene für Elektrogeräte in immer mehr niedersächsischen Knästen zahlen. Schon wollen Bremen und Hamburg nachziehen – nur das rot-grüne Kiel bleibt unbeirrt: Strom ist hinter Gittern inklusive

von EVA RHODE

Gefangene im Knast von Meppen sollen künftig eine Stromabgabe für Elektrogeräte leisten. Wer auf der Zelle Brot backt oder stundenlang vor der Spielekonsole hockt, muss dafür bald 50 Cent im Monat löhnen. Häftlinge anderer Anstalten wie Celle und Uelzen zahlen, seit ihre Anstalten vor Jahren feste Betriebsbudgets bekamen. „Bei uns ist der Energieverbrauch gesunken“, bestätigt die Uelzener Sprecherin zufrieden.

„Eine Stromkostenbeteiligung zu erheben, ist Angelegenheit jeder Vollzugsanstalt“, erklärt die Sprecherin des niedersächsischen Justizministeriums die Ungleichzeitigkeit des Phänomens, das in Niedersachsen derzeit um sich greift. Doch macht das Land nur den Vorreiter: Auch Bremen und Hamburg sind interessiert daran, Häftlingen für die Stromkosten künftig in die Tasche zu greifen – wie man es in Baden-Württemberg schon lange tut. „Mit angespannter Haushaltslage hat das bei uns nichts zu tun“, sagt der Sprecher des Stuttgarter Justizministeriums. Man praktiziere „die Kostenbeteiligung“ bei Häftlingen, die Arbeit haben, seit Jahren. „Zuhause müssten sie ja auch zahlen.“ Im Knast zahlen sie vergleichsweise wenig: zwischen einem und fünf Euro monatlich.

In Meppen ist das anders. „Angesichts der wirtschaftlichen Situation und der gekürzten Haushaltsmittel in allen Bereichen“ sei man gezwungen, „die Gefangenen zukünftig an den Kosten der elektrischen Energie“ zu beteiligen, heißt es im Aushang des zuständigen Regierungsdirektors. Die Aufregung darüber hält sich in Grenzen. Noch. „Die Regeln sind so kompliziert, das versteht ja keiner“, erklären Meppener Gefangene die vermeintliche Gelassenheit, mit der die Nachricht jetzt aufgenommen wird. Danach zahlt in Meppen künftig jeder Gefangene monatlich 50 Cent für einen CD-Player oder ein weiteres Fernsehgerät. Für einen Föhn, ein Telespiel oder eine Teemaschine wird dagegen nur zur Kasse gebeten, wer schon eine Kaffee- oder Teemaschine auf Zelle hat. Kostenlos bleiben: Tischlampe, Schreibmaschine, Schachcomputer, Keyboard und E-Gitarre, der elektrische Rasierer und das Batterieladegerät. Manche Gefangene witzeln über die Zählappelle für Elektrogeräte. Andere wollen prozessieren – gegen die Ungleichbehandlung. Ungleichbehandlung von Elektrogeräten wohlgemerkt, nicht von Gefangenen in verschiedenen Justizvollzugsanstalten. „Was unterscheidet den Föhn vom Rasierapparat?“, fragen die Aufmüpfigen nach dem Grund, hier mehr und da nichts zu verlangen. Notfalls wollen sie das vom Verwaltungsrichter klären lassen.

Auch die Justizapparate der verschiedenen Länder haben Fragen – die aber in eine andere Richtung gehen. „Ach, die Niedersachsen nehmen schon Geld“, interessiert man sich in Hamburg sofort für die genauen Summen. Warum sollten Hamburgs 1.700 Gefangene nicht auch zahlen?

Bremen legt im Herbst einen Entwurf vor, wonach auch dort das elektrische Fünftgerät mit einer Abgabe zu belegen ist. Wie hoch die sein wird, ist unklar. „Aber sicher hat das auch erzieherische Wirkung“, freut sich die Sprecherin der Justizbehörde. Hinter den hundertjährigen Mauern der Bremer Anstalt lasse sich die Stromzufuhr nicht zentral regeln wie etwa in modernen Anstalten, „wo man einfach den Schalter umlegt“, wenn die Gefangenen zur Arbeit gehen und Licht und Radio anlassen. Doch der geplante Bremer Knastneubau für 600 Personen ist wegen Finanznot vorerst zurückgestellt.

Nur im rot-grünen Schleswig-Holstein wird Strom auf Zelle vorerst inklusive bleiben. „Wir setzen auf Haftvermeidung“, sagt der Sprecher der Kieler Justizbehörde selbstbewusst. „Und für die Übrigen können wir die Stromkosten noch aufbringen.“