berliner szenen Ravende Kühe

Richtung Sonne

Die Hinfahrt war kompliziert gewesen. Irgendwann fuhren wir in einen Wald, dahinter war eine Koppel und M., die ihre Kontaktlinsen nicht dabei hatte, sagte, das ist ja ein ziemlich großer Rave. Da waren aber nur Kühe, die da rumstanden, und das wurde dann so der Running Gag des Sonntagnachmittags.

Neben einem See war’s dann ganz schön. 50 Leute vielleicht, paar DJs, ein großer Bus, eine freistehende Bar. Bier und die üblichen Naturdrogendrinks der Firma Sensotonic. An einem Hochbettgestell hatten in der Nacht wohl Lightshowlichter gehangen. Nun wurde es mal da, mal dort hingeschoben und sollte als Windschutz für die Plattenspieler dienen. Einer tanzte erdverbunden, ein anderer im grünen Hemd tanzte locker lächelnd zu jedem hin und fragte nach Geld, weil das lief ja auch schon zwei Tage.

Wir saßen am Rande in einer Reihe und sahen ganz gut aus. Um nicht zu Voyeuristen unsrer selbst zu werden, hatten wir keine Kameras mitgenommen und bedauerten das, weil es gab da so schöne Motive. Schattenspiele auf dem bunten Tuch zum Beispiel, das die Bar runterhing. Am Strand machte eine Frau Yoga und stand wohl am längsten auf ihrem Kopf. Ab und an gingen Leute schwimmen Richtung Sonne, die über den See schien. Ab und kamen Einheimische vorbei und taten dabei so, als würden sie zufällig vorbeikommen. Einerseits waren sie Touristen, zu Besuch auf einem quasi exterritorialen Berliner Gebiet mit bunten Leuten, unter denen wir dann wieder das quasi urbane Element bildeten, andererseits war das ja ihre Gegend, die wir ihnen entfremdeten, andererseits natürlich auch wieder interessanter machten. Danach ging die Sonne unter und der Sommer war vorbei. DETLEF KUHLBRODT