Unsicherer Prozess

Anwalt des Angeklagten Motassadeq bei Verkehrsunfall lebensgefährlich verletzt. Prozess droht Unterbrechung

Nach einem schweren Motorradunfall des Strafverteidigers Josef Gräßle-Münscher ist der Fortgang des neu aufgelegten Hamburger Terrorprozesses gegen Mounir El Motassadeq fraglich. Der 58-jährige Hauptanwalt Motassadeqs liegt mit lebensgefährlichen Verletzungen in der Uniklinik Eppendorf (UKE). Das Hamburger Oberlandesgericht kündigte an, bei einer planmäßigen Verhandlung heute mit allen Beteiligten den weiteren Prozessverlauf zu klären.

Nach Polizeiangaben ereignete sich der Unfall am Sonnabend in Kaltenkirchen (Kreis Segeberg) nördlich von Hamburg. Bei einem Überholmanöver stieß Gräßle-Münscher mit einem Auto zusammen. Dabei sei er so schwer verletzt worden, dass er von Notärzten wiederbelebt und mit einem Rettungshubschrauber ins UKE geflogen werden musste. „Es sieht nicht gut aus“, sagte der zweite Verteidiger im Motassadeq-Verfahren, Udo Jacob. Ärzte hätten den Anwalt in ein künstliches Koma versetzt.

Jacob erwägt, eine Prozessunterbrechung zu beantragen. Er habe den Hamburger Anwalt Gerhard Strate gebeten, als zweiter Verteidiger vor Gericht einzuspringen. Allerdings hält Strate ein erneutes Engagement nach eigenen Worten aus Zeitgründen für „unwahrscheinlich“.

Gräßle-Münscher hatte gemeinsam mit Strate beim Bundesgerichtshof erreicht, dass die Verurteilung Motassadeqs zu 15 Jahren Haft aus dem weltweit ersten Prozess um die Anschläge vom 11. September 2001 aufgehoben wurde. Im April setzte er zudem die Freilassung seines Mandanten durch. lno/taz