Bundesregierung besiegt die KPÖ

Ein Berliner Gericht spricht Millionenvermögen der Ostfirma Novum GmbH der Bundesanstalt BvS zu

BERLIN taz ■ In einem der bizarrsten Rechtsstreits der Nachwendegeschichte fiel gestern das Urteil in zweiter Instanz. Das Berliner Oberverwaltungsgericht hat entschieden, dass das Vermögen der früher in Ostberlin ansässigen Firma Novum GmbH der Bundesrepublik zusteht. Damit gehen Rudolfine Steindling, die der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) nahe steht, und die Novum GmbH leer aus. Sie hatten auf Herausgabe des 225 Millionen Euro umfassenden Betrages geklagt.

Die Richter hoben damit ein Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts vom Dezember 1996 auf. Der Prozess hatte sich über zehn Jahre hingezogen. Eine Revision ließ das Gericht nun nicht zu. Das Urteil wird frühestens in einem Monat rechtskräftig.

Die stattliche Summe gehört dann der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS). „Wir werden das Geld so bald wie möglich für den Aufbau in Ostdeutschland freigeben“, sagte BvS-Chef Christian von Hammerstein nach der Urteilsverkündung. Allerdings seien erst 76 Millionen Euro des Gesamtbetrages gesichert. Der Rest liege derzeit bei der Bank Austria in Zürich. Mit der fechte die BvS gerade zwei Rechtsstreits aus, um an das Geld zu gelangen.

Das Berliner Oberverwaltungsgericht hatte darüber zu befinden, ob die Außenhandelsfirma Novum zu DDR-Zeiten zum Firmenkonglomerat der SED gehörte oder durch die Österreicherin Rudolfine Steindling für die KPÖ geführt wurde. Dazu wurden zahlreiche Zeugen vernommen, deren Aussagen zuletzt rund zehn laufende Meter Akten füllten. Aufgrund dieser und zweier Treuhanderklärungen Steindlings gehen die Richter davon aus, dass die Österreicherin Novum treuhänderisch für die SED-Firma Zentrag geführt hat. „Novum war eine SED-Firma. Sie war nach außen hin als KPÖ-Betrieb getarnt“, heißt es in der Urteilsbegründung.

Dies hatten die Anwälte von Rudolfine Steindling und der Novum GmbH anders gesehen. Sie beriefen sich unter anderem auf ein Beschlussprotokoll des SED-Politbüros. Dort wird Novum als „Firma der KPÖ“ bezeichnet. Auch ein Gesprächsprotokoll zwischen Erich Honecker und dem damaligen KPÖ-Chef legt eine ähnliche Deutung nahe. Maßgeblich für das Gericht waren schließlich die vorliegenden Treuhanderklärungen.

In ihrem Schlusswort hatten die Novum- und Steindling-Anwälte dem Gericht vorgeworfen, durch eine „ständige Ausweitung“ der Beweisaufnahme den Blick auf das Wesentliche verstellt zu haben. Die BvS-Anwälte hätten darüber hinaus ihren gesetzlichen Auftrag verletzt, den „objektiven Sachverhalt“ zu ermitteln. „Das Gericht hat sich in der Urteilsbegründung auf Fiktionen berufen“, sagte Steindling-Anwalt Alexander Ignor nach Prozessende. Er ließ offen, ob er sich beim Bundesverwaltungsgericht beschweren werde.

Das Novum-Geld ist der größte Einzelbetrag aus dem Vermögen der ehemaligen DDR-Parteien und -Massenorganisationen, den die BvS in letzter Zeit sichergestellt hat. Seit 1990 hat die Bundesanstalt insgesamt 1,5 Milliarden Euro aufgetrieben. Zurzeit sind noch rund 60 Prozesse anhängig, in denen um rund 63 Millionen Euro gestritten wird.

MATTHIAS BRAUN