DGB und Montagsdemo
: Not schweißt zusammen

Es wurde auch Zeit. Seit vier Wochen demonstrieren in Köln immer mehr Menschen gegen Hartz: nicht nur „linke Berufsdemonstranten“, wie es manche gerne hätten, sondern „ganz normale“ Menschen. Die Erwerbslosen, die ohnehin nichts zu verlieren haben, und die, denen die Angst vor Jobverlust und sozialem Abstieg im Nacken sitzt. Dass der Kölner DGB-Chef ihnen jetzt Unterstützung durch die Gewerkschaften zusagt, war überfällig – und lässt hoffen.

Kommentar von Susanne Gannott

Denn im Prinzip liegt ein Bündnis zwischen Montagsdemonstranten und Gewerkschaften im Kampf gegen die Hartz-Gesetze auf der Hand: Beide brauchen einander. Auf der einen Seite werden die Demonstrationen ohne aktive Unterstützung und Mobilisierung durch den DGB zumindest im Westen niemals zur Massenbewegung. Auf der anderen Seite geht es bei den Protesten nicht nur um menschenwürdige Lebensbedingungen für Erwerbslose, sondern auch um den Erhalt mühsam erkämpfter Arbeitnehmerrechte – mithin um klassische Gewerkschaftsthemen. Wenn der DGB hier nicht klar Partei ergreift, macht er sich selber überflüssig.

Dass er bislang trotzdem gezögert hat, auf den Protestzug aufzuspringen, mag sicher auch daran liegen, dass zunächst die handelnden Personen und Gruppen nicht eindeutig erkennbar waren. Tatsächlich werden die Demos in einigen Städten von den falschen Leuten für ihre Zwecke instrumentalisiert. Dieser Gefahr begegnen die Organisatoren in Köln allerdings ganz geschickt: Rederecht haben allein die Erwerbslosen, Parteien – außer den Nazis – dürfen nur mitmarschieren.

Der Hauptgrund für die Zurückhaltung des Kölner DGB in Sachen Montagsdemo ist daher auch ein anderer – und war „zwischen den Zeilen“ von Wolfgang Uellenbergs Rede deutlich herauszuhören. Denn bei aller „Freude“ des DGB über die Montagsdemos und bei aller Kritik ist der DGB-Chef offenbar nicht generell gegen „Reformen“. Zwar wettert er gegen 1-Euro-Jobs, verschärfte Zumutbarkeit und Vermögensanrechnung. Bei den Forderungen hält er sich jedoch merklich zurück: Ausbau des zweiten Arbeitsmarkts, Tariflöhne für alle, keine Arbeitszeitverlängerung – das war‘s.

Dass zwischen dieser Welt und den Forderungen der Demonstranten – Hartz muss weg – Welten liegen, ist wenig überraschend. Die Gewerkschaften wollen mit der Regierung im Gespräch bleiben und Hartz per Verhandlungslösung entschärfen. Nach den Niederlagen der letzten Jahre wollen sie unbedingt verhindern, wieder als „reformunfähige Totalblockierer“ dargestellt zu werden. Diese Nöte haben die Demonstranten zwar nicht. Aber die meisten von ihnen wissen im Stillen auch, dass „Hartz muss weg“ als Maximalforderung nicht durchsetzbar ist. Daher sollten DGB und Montagsdemo jetzt ein strategisches Bündnis auf Zeit schließen: Erstmal weiter demonstrieren. Wenn die Gewerkschaft meint, ihr Ziel sei erreicht, kann der Rest dann immer noch weiter gehen.