Tafelsilber verkauft, um Polizisten einzustellen

Landtag in Kiel streitet über EU-Naturschutz und Motorola-Stellenabbau. Landes-Immobiliengesellschaft wird verkauft

Kiel taz ■ CDU und FDP in Schleswig-Holstein tun sich schwer mit dem europäischen Naturschutzrecht. In der gestrigen Landtagsdebatte wetterten die beiden Oppositionsparteien gegen die Ausweisung von weiteren Schutzgebieten (FFH-Gebieten) im Rahmen des EU-Programms „Natura 2000“. Umweltminister Klaus Müller (Grüne) hatte im Juni nach einer Strafandrohung der EU-Kommission Flächen nachgemeldet.

Der FDP-Abgeordnete Günther Hildebrand warf den Grünen eine überzogene Umweltpolitik vor. Sie wollten Infrastrukturvorhaben verhindern und gefährdeten Arbeitsplätze. Seine CDU-Kollegin Herlich Marie Todsen-Reese stieß ins gleiche Horn. „Viele verstehen die Welt nicht mehr, wenn angesichts der schwierigen Wirtschaftslage und steigender Arbeitslosigkeit auch dort FFH- (Flora-Fauna-Habitat) und Vogelschutzgebiete gemeldet werden müssen, wo der Konflikt mit anderen Nutzungsinteressen vorprogrammiert ist“, sagte sie.

Die angekündigte Massenentlassung bei dem Handy-Hersteller Motorola in Flensburg führte zu einer Debatte über die Förderpolitik des Landes. Motorola will einen Teil seiner Produktion nach China verlagern und seine Flensburger Belegschaft von 1.800 auf 1.200 Köpfe verringern. Vor Ort bleiben die Bereiche Design, Reparatur und europäischer Vertrieb, sowie die Entwicklung und Produktion von UMTS-Handys.

„Begründet wird dies mit dem Know-How in Flensburg“, stellte Grünen-Fraktionschef Karl-Martin Hentschel erleichtert fest. Er leitete daraus die Notwendigkeit ab, „modernste technologische Forschung an unseren Hochschulen mit den Betrieben im Lande eng zu verzahnen“.

CDU-Fraktionschef Martin Kayenburg warf der rot-grünen Landesregierung vor, sie habe sich bei der Förderung zu sehr auf eine Technologie konzentriert. Er verlangte, der Mittelstand müsse stärker gefördert werden. „High Tech ohne Low Tech – das gilt auch umgekehrt – geht nicht“, sagte er.

Um die Löcher in der Landeskasse zu stopfen, billigte der Landtag mit den Stimmen von SPD, Grünen und SSW den Verkauf der restlichen Landesanteile an der LEG Immobiliengesellschaft. Die Alternative wäre gewesen, weniger Polizisten und Lehrer einzustellen, erläuterte Finanzminister Ralf Stegner (SPD). Gernot Knödler