Let There Be Körbchengröße D

Die Donnas sind eine AC/DC-Schweine-Rock'n'Roll-Band aus Palo Alto, die dauernd von Sex singt und dafür von ihren männlichen Fans mit Unterhosen beworfen wird. Im ColumbiaFritz flog die Wäsche allerdings ziemlich spärlich

Die Bassistin ist eine wilde Kreischbombe, die von den Leuten mehr Action fordert

„I Love to Party with the Donnas“ steht auf einem Aufkleber am Merchandisingstand, und genau darauf warten die kleinen, dicken Mädchen in der ersten Reihe, die coolen Jungs, die bebrillten Studentinnen, die alten Herren mit den Ramones-T-Shirts, die Fifties-Rockerbräute und die jungen Neopunker, die mit ihren Eltern am Dienstagabend ins ColumbiaFritz gekommen sind. Für die vier Rocker der Vorband „White Light Motorcade“ interessiert sich niemand so richtig.

Doch dann betreten die vier kalifornischen Mädels aus Palo Alto unter begeistertem Begrüßungsapplaus die Bühne. Die Donnas tragen Jeans und enge T-Shirts, sie präsentieren unbekümmert ihren Hüftspeck und mehr. Schlagzeugerin Donna C. hüpft wie ein springender Ball hinters Schlagzeug, Gitarristin Donna R. und Bassistin Donna F. hängen sich synchron ihre Instrumente um. Sängerin Donna A. greift zum Mikroständer, los geht's. Aber nicht wirklich. Der Mixer hat ein Nickerchen gemacht, man hört keine Gitarre, stattdessen miese Basswellen und erst nach einiger Zeit überlauten stumpf-trockenen Gesang. Aber dann kann die Party beginnen. Die erwartungsvollen kleinen Mädels im Publikum werden schon beim ersten Lied „It's on the rocks“ von den fröhlich pogenden Jungs weggefegt.

Die Donnas sind Anfang zwanzig und sie wollen nur eins: Party machen. Dazu brauchen sie Alkohol und Diet Coke, AC/DC-Schweine-Rock'n'Roll und dumme Jungs als Inspirationsquelle. Das konnte man schon auf vier Alben miterleben. Für ihr fünftes, aktuelles Album „Spend the Night“ haben die Donnas bei einem Major-Label unterschrieben. Deshalb laufen ihre Songs jetzt auch im Radio und ihre Videos bei MTV – kein Wunder, da die Donnas problemlos mit allen Herrenrockern der Welt konkurrieren können.

Das liegt vor allem an ihrer unglaublich genialen Gitarristin. In Donna R. sind Angus Young und Ace Frehley zu einer fülligen dreiundzwanzigjährigen Ia-American-Rock'n'Roll-Machine verschmolzen. Sie zappelt vor ihren zwei dicken Marshallverstärkern. Man kann ihr Gesicht nicht sehen, nur eine zuckende, sich schüttelnde schulterlange Wischmoppmähne. Ganz selten gewährt sie einen kurzen Blick auf ihre vorgeschobene volle Unterlippe, noch seltener auf ihre glänzenden Augen. Vor der Bühne tobt etwas zurückhaltend das Leben. „You're so quiet“, stellt Sängerin Donna A. freundlich irritiert fest. Auch die Bassistin, eine dicke, wilde Kreischbombe, fordert die Leute zu mehr Action auf. Ab jetzt konzentrieren sich alle noch mehr aufs Gasgeben. Die Sängerin post mit lässiger Ironie und einem Hauch von Überheblichkeit in den Augen, Fuß auf der Monitorbox. Bei den Solos zieht sie sich tanzend vors Schlagzeug zurück. Cool, wie die Donnas nie ordinär werden, obwohl sie dauernd über Sex singen: „I get what I want and I like what I see“, also „hör auf mir auf meinen D-Cup zu starren und zieh dich aus“.

Obwohl die Donnas ihre konstante Dröhnung aus Heavy/Party/Schweinerock durchhalten, obwohl sie immer wieder versuchen, noch mehr Leben in die Bude zu kriegen: So richtig wild wird's nicht, vielleicht weil plötzlich Herbst ist, vielleicht weil Dienstag ist, vielleicht weil es auch ein wenig voller sein könnte? „We got two more songs for you“. Der erste ist „Take it off“, da endlich fliegt die erste und – Berlin, schäm dich! – einzige Herrenunterhose auf die Bühne und verfängt sich am Gitarrenhals. In anderen Städten, hieß es, sollen die Donnas in ausverkauften Hallen gespielt haben und fast an den Unterhosen erstickt sein, mit denen sie beworfen wurden.

Schade, dass die Leute in Berlin oft erst zum Schluss auftauen. Die Donnas spielen ihr erstes Lied: „Five O’Clock in the morning“ und tschüss, „thank you very much“. Keine Zugabe trotz tosenden Applauses. Enttäuschung macht sich breit. Wenn das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht stimmt, wird der Berliner ungemütlich. Buhrufe in doppelter Lautstärke, Becher und Müll hageln auf die Bühne. Dann eine Ansage: Die Schlagzeugerin habe sich verletzt. So richtig glauben mag das an diesem Abend aber keiner.

OLGA-LOUISE DOMMEL