Slobodan Milošević: Verteidigung per Angriff

Jugoslawiens Expräsident beschuldigt vor UN-Tribunal Deutschland, USA und den Vatikan als Kriegstreiber

DEN HAAG dpa/taz ■ Vor dem UN-Tribunal in Den Haag hat der als Kriegsverbrecher angeklagte frühere jugoslawische Präsident Slobodan Milošević gestern seine Verteidigung mit heftigen Angriffen auf den Westen eingeleitet. Der 63-Jährige machte dabei vor allem Deutschland, den Vatikan und die USA für die Konflikte der 90er-Jahre im ehemaligen Jugoslawien verantwortlich.

Am ersten Verhandlungstag nach halbjähriger Prozesspause warf er vor allem der amerikanischen Regierung und der Nato vor, durch Verdrehung von Fakten und falsche Darstellung der Vorgänge im Kosovo 1999 eine „Aggression mit Bombenangriffen“ vorbereitet zu haben.

Vor den drei Richtern wiederholte Milošević in seiner von vielen Zitaten aus Büchern und Dokumenten begleiteten Einleitung auch seine Ablehnung des Tribunals, das er als illegal bezeichnete. „Dieses Tribunal ist nur errichtet worden, um die aufgehäuften Fehler der westlichen Politik und die Barbarei der drei Monate langen Bombenangriffe auf das Kosovo zu vertuschen“, rief er.

Der Journalist und Beobachter des Prozesses gegen Milošević Chris Stephen kritisierte die Strategie der Chefanklägerin Carla del Ponte. Diese hätte sich nicht darauf einlassen sollen, Milošević nicht nur wegen Kriegsverbrechen im Kosovo, sondern auch in Bosnien und Herzegowina sowie in Kroatien anzuklagen. „Die Anklage hat gravierende Fehler gemacht“, sagte er gegenüber der taz.

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