„Mit Ducken wird’s nur schlimmer“

Nicht fristlose Kündigungen, sondern Auflösungsverträge sind die Regel, sagt der Gewerkschafter Folkert Küpers

Folkert Küpers, 53, ist Gewerkschaftssekretär im Fachbereich Handel bei Ver.di in Nordrhein-Westfalen.

taz: Herr Küpers, ist es üblich, dass Arbeitnehmer wegen Lappalien entlassen werden?

Folkert Küpers: Es passiert häufiger, wenn ein Arbeitgeber einen Mitarbeiter sowieso auf dem Kieker hat, zum Beispiel wegen Aktivitäten im Betriebsrat oder bei Streiks. Oft sind das reine Verdachtskündigungen, bei denen gar nicht bewiesen ist, ob es wirklich ein Vergehen gab. Der Arbeitnehmer muss dann seine Unschuld beweisen.

Nimmt die Zahl solcher Fälle zu?

Ob es mehr Fälle gibt, kann ich nicht sagen. Aber in den letzten Jahren reagiert die Öffentlichkeit sensibler, weil bekannt geworden ist, dass im vor allem bei den Discountern grobe Verstöße im Umgang mit Arbeitnehmerrechten immer wieder an der Tagesordnung sind. Aber die Regel sind nicht spektakuläre verhaltensbedingte Kündigungen, sondern Auflösungsverträge.

Wie läuft das ab?

Das läuft in der Regel so, dass der Arbeitgeber den Mitarbeiter ins Büro zitiert, ihn mit Verdächtigungen und Vorwürfen konfrontiert und ihn so unter Druck setzt, dass er seine eigene Kündigung mit sofortiger Wirkung unterzeichnet.

Wird man so in Krisenzeiten leichter unliebsame Angestellte los?

Die ökonomische Krise gibt es durch die harte Konkurrenz im Einzelhandel schon länger, das ist kein neuer Trend. Hier wird ständig Personal eingespart, und Mitarbeiter riskieren bei jedem kleinen Fehler einen Aufhebungsvertrag oder eine Kündigung. Fakt ist, dass Arbeitgeber im Einzelhandel ihre älteren Mitarbeiter gerne loswerden, weil jüngere Arbeitnehmer leistungsfähiger und billiger sind.

Ist es nicht das gute Recht von Arbeitgebern, sich vor Unterschlagung zu schützen?

Wir wollen nicht Arbeitgebern in eindeutigen Fällen wie erwiesenem Diebstahl das Recht der Kündigung nehmen. Uns geht es um Kündigungen, bei denen der Vorwurf nicht klar und erwiesen ist, sondern bei denen man mit fadenscheinigen Begründungen langjährige Mitarbeiter loswerden will.

Ist es dann nicht sicherer, sich erst gar nicht im Betriebsrat zu engagieren?

Betriebsräte sind in gewissem Maße ein Schutz für Mitarbeiter. Leider gibt es gerade im Einzelhandel nach wie vor zu wenige Betriebsräte. Aber auf Dauer wird’s mit Ducken nur schlimmer.

INTERVIEW: ANNA CORVES