IWF-Tagung mit lauter Unschuldslämmern

Unter den 184 Mitgliedern des Währungsfonds gibt einer dem anderen die Schuld an der weltweiten Konjunkturflaute

BERLIN taz ■ Die USA kritisierten China und Japan, die G-7-Staaten kritisierten die USA, die Weltbank kritisierte die G-7-Staaten, private Banken kritisierten Argentinien und Entwicklungsverbände kritisierten den IWF. Kritik stand im Mittelpunkt der diesjährigen Tagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF). Die Tagung ging gestern in Dubai zu Ende.

Die USA forderten von China und Japan flexiblere Wechselkurse. Japans Zentralbank kauft immer wieder Dollars, um den Yen künstlich billig zu halten. So soll die kraftlose Wirtschaft angekurbelt werden. China hat seine Währung an den Dollar gekoppelt – zu einem zu niedrigen Wechselkurs, kritisieren die USA. Dadurch verbilligen sich die ohnehin unschlagbar billigen chinesischen Exporte noch zusätzlich. Die Amerikaner fürchten um die heimische Industrie.

Die USA wiederum wurden in Dubai mit dem Vorwurf konfrontiert, nicht genug gegen ihr „Zwillingsdefizit“ zu unternehmen – jenes doppelte Loch in Haushalt und Leistungsbilanz. Bundesfinanzminister Hans Eichel mahnte an, es gebe eine „gemeinsame Verpflichtung“ zum wirtschaftlichen Fortschritt. Sein amerikanischer Kollege John Snow schoss zurück, Europa brauche eine „verträglichere“ Finanz- und Haushaltspolitik – eine klare Spitze gegen die Deutschen, die im nächsten Jahr die EU-Defizitgrenze aller Voraussicht nach zum dritten Mal verfehlen werden. Im Übrigen, so Snow, hätten die USA sich in der Gruppe der G 7 als „einziger Wachstumsmotor“ herausgestellt. Deutschland bildet das Schlusslicht: Laut IWF glänzt es in diesem Jahr als einziges G-7-Land mit Nullwachstum.

Weltbankpräsident James Wolfensohn kritisierte die Industriestaaten: Sie blieben trotz der Kluft zwischen Arm und Reich untätig. Wolfensohn: „Eine weitere Verzögerung ist gefährlich.“ Ein Sechstel der Weltbevölkerung verfüge über 80 Prozent der Produktionsleistung, ein anderes Sechstel müsse sich mit weniger als 1 Dollar pro Tag begnügen. In der Dritten Welt seien „deutliche Fortschritte“ in der Politik zu verzeichnen. Die reichen Staaten hätten ihr Versprechen indes nicht eingelöst, mehr Geld zu geben und den armen Ländern im Kampf gegen Aids und Malaria zu helfen.

Argentinien musste sich Kritik von den Vertretern privater Banken gefallen lassen. Die Regierung des Pleitelandes will privaten Gläubigern nur ein Viertel ihrer Forderungen zurückzahlen. Der Entwicklungsverband WEED schließlich warf dem IWF „Stillstand und hohle Rhetorik“ vor. Weder bei der Armutsbekämpfung noch bei der Demokratisierung seiner Strukturen mache der Fonds Fortschritte.

KATHARINA KOUFEN