Die alte Dame Verbraucherzentrale

Dieses Jahr feiert sie ihren 50. Geburtstag. Doch die Senatsverwaltung hat sie bei den Planungen zur „Langen Nacht des Verbraucherschutzes“ außen vor gelassen. In dieser findet sich die Verbraucherzentrale kaum wieder – und schließt um 20 Uhr

von GRIT EGGERICHS

„Countdown für den Euro … die letzten Tage der DM“, steht über den Infotafeln im Foyer der Verbraucherzentrale e. V. am Wittenbergplatz. Ist es Zufall, dass gegenüber eine Vitrinenauslage erklärt, wie man sich vor Mottenbefall schützen kann? Thea Brünner, Vorstandsvorsitzende des Vereins, steht da und sagt, für die lange Nacht des Verbraucherschutzes müsse die Überschrift nur noch ein bisschen „nachgebessert“ werden.

Die Verbraucherzentrale Berlin ist die älteste Deutschlands. Juristische Fragen, Patientenrecht, Reklamationen – das sind heute ihre Themen, und weil sie in diesem Jahr 50 wird, veranstaltet die zuständige Senatorin Heidi Knake-Werner die „Lange Nacht des Verbraucherschutzes“.

Die ersten Konsumentenberater halfen in Küchenfragen. „Neue Hauswirtschaft“ hieß eine Ausstellung von Elektrogeräten, die 1953 in Kreuzberg öffnete. Zu dieser Zeit wollten viele Leute vor allem eines: ihre jungen Haushalte mit Geräten aus der wieder auflebenden Konsumgüterindustrie füllen. Dabei half der Verein, ab 1959 zusammen mit der angeschlossenen Verbraucherzentrale. In allen Bundesländern öffneten jetzt Beratungsstellen. Produktionsmengen wuchsen, Schaufenster wurden unübersichtlicher. Käufer brauchten Informationen.

Erst in den Siebzigerjahren wurde die Verbraucherberatung politischer, beriet in Energiefragen, informierte über unseriöse Geschäftsmethoden und kritisierte spärliche Information auf Lebensmittelpackungen. Juristisch beraten – das durften die Verbraucherzentralen bis 1980 nicht. Dann wurde das Gesetz geändert. „Das war unsere Sternstunde“, sagt Thea Brünner, die seit fast vierzig Jahren in der Verbraucherzentrale arbeitet. Erst als Geschäftsführerin und seit fünf Jahren im Vorstand des Vereins. Mit der Rechtsberatung konnte die Zentrale nun selbst Firmen abmahnen und Missstände publik machen.

Seit ein paar Jahren bieten die Verbraucherzentralen ihren Service nicht mehr kostenlos an. Wer sich telefonisch beraten lassen will, muss seit 1996 eine Bezahlnummer wählen, die Minute kostet 1,86 Euro. „Es ging nicht anders“, erzählt Geschäftsführerin Gabriele Francke. Der Bund hatte den Verbraucherzentralen die Finanzierung gestrichen.

Den größten Anteil am Etat zahlen aber seit je die Länder. In Berlin steuert die Senatsverwaltung für Verbraucherschutz jährlich eine gute Million bei. Doch der Senat hat für das Jahr 2005 Kürzungen beschlossen: Um 300.000 Euro soll der Zuschuss schrumpfen.

Nach BSE und anderen Lebensmittelskandalen ist es schwierig, solche Kürzungen politisch zu verkaufen. Vielleicht ist es daher kein Zufall, dass die Arbeit der Verbraucherzentrale in der letzten Zeit auffallend häufig kritisiert wird. Sie verschließe sich der Zusammenarbeit mit anderen Beratungseinrichtungen, moderne Arbeitsmethoden seien kaum durchzusetzen, heißt es in der Senatsverwaltung für Verbraucherschutz.

Ganz anders die Senatsverwaltung selbst. Eine „Lange Nacht“ gilt hier noch als modern und ideal, um den Berlinern „das breite Spektrum von Konsumentenberatung zu zeigen, das die Stadt bietet“, so ein Sprecher der Senatsverwaltung.

Die Planung fand ohne die alteingesessene Verbraucherberatung statt: „Uns wurde diese Idee durchaus dargestellt, und wir haben uns dafür ausgesprochen“, kommentiert Geschäftsführerin Francke sparsam. „Aber wir finden uns in dieser Nacht nur sehr begrenzt wieder.“ Piercing sei keine Frage von Verbraucherschutz. Zur Feier des Tages bis 24 Uhr zu öffnen kam ebenfalls nicht infrage. Punkt 20 Uhr schließt man am Wittenbergplatz die Türen. Eine eigene Geburtstagsfeier ist für Anfang Dezember im Roten Rathaus geplant. Darüber ist von der Geschäftsführung nur so viel zu erfahren: „Eine geschlossene Veranstaltung für geladene Gäste.“