Einsamer Rufer auf deutschen Autobahnen

Michael Rummel, Chef von Toll Collect, ist ein Zweckoptimist. Er glaubt unbeirrt an den Erfolg des Mautsystems

Michael Rummel ist der Toll-Herr, der Geschäftsführer des Mautbetreiberkonsortiums. Nach der beispiellosen Pannenserie aber glauben viele, er sei nur noch der Herr eines Tollhauses und mit seinem Job völlig überfordert. Er glaubt das nicht.

Die Karriere des 47-jährigen promovierten Juristen war bisher tadellos. Nur weil das Mautsystem sich beharrlich weigert, seinen Dienst zu tun, wird er sich die Karriere doch jetzt nicht zerstören lassen. Rummel war Topmanager, ist Topmanager und wird Topmanager bleiben. Für den „Macher“ gibt es deshalb keine Probleme. Nur Erfolge. Die jetzige Rückrufaktion der Mautgeräte ist kein Debakel, sondern läuft „erfolgreich“. Überhaupt beträfe die Aktion doch nur 20.000 von insgesamt 175.000 Geräten. Und die sind laut Rummel nicht defekt, sondern lediglich „nicht eindeutig fehlerfrei“.

Den einen oder anderen kleinen Fehler räumt Rummel so schon mal ein. Mehr nicht. Den Vorwurf, es gebe ein Maut-Chaos, weist er weit von sich. Er hält dagegen, Toll Collect sei ein „ehrgeiziges Projekt, an dem die besten Firmen der Welt arbeiten“. Dieses ehrgeizige Projekt sollte das größte und modernste Mautsystem der Welt werden. Es ist Rummels Projekt, er war von Anfang an dabei. Für DaimlerChrysler, die mit Telekom und dem französischen Autobahnbetreiber Cofiroute Toll Collect gegründet haben, arbeitete Rummel immerhin mehr als 17 Jahre, zunächst in Stuttgart, ab 1990 in Berlin. So war Rummel einer der führenden Köpfe, als der Stuttgarter Autokonzern mit seinen Partnern die Mautidee in konkrete Pläne umsetzte.

Kein Wunder, dass Rummel den Auftrag vom Bundesverkehrsministerium unbedingt haben wollte. Als der Druck dann Mitte September zu groß wurde, hat er wirklich einmal eingestanden, man sei „wohl zu ehrgeizig gewesen“. 2002 habe man Dinge versprochen, die in weniger als einem Jahr nicht haltbar gewesen seien. Konsequenzen zog er daraus nicht. So betont er kaum zwei Wochen später wie eh und je, dass die Lkw-Maut nicht wegen der Technik von Ende August auf Anfang November verschoben worden sei.

DaimlerChrysler-Vorstand Klaus Mangold und Deutsche-Telekom-Vorstand Josef Brauner schicken den stets adrett unauffällig gekleideten Rummel vor, wenn mit der Maut mal wieder etwas falsch läuft. Dann tritt der gebürtige Karlsruher lächelnd vor die Kameras und beteuert mit sanft klingendem badischem Dialekt, das alles gut wird. Der Frage, wann das Mautsystem ohne Pannen laufen werde, weicht er mit wortreichem Optimismus aus.

Aus dem Topmanager ist deshalb ein einsamer Rufer geworden. Anders als Spediteure, Verkehrspolitiker und die meisten Deutschen glaubt der promovierte Jurist unbeirrbar an den Erfolg des deutschen Mautsystems. Tatsächlich aber sind die Pannen und Unzulänglichkeiten von Toll Collect unübersehbar, die unscheinbaren Mauterfassungsgeräte bringen ganze Bord-Elektroniken der Lkws zum Erliegen, Sicherungen fliegen raus.

Blind sei sein Optimismus, dilettantisch sein Management – Rummel muss sich mittlerweile harsche Kritik gefallen lassen. Aber nicht mehr lange. Schon bald wird Rummel zu DaimlerChrysler zurückkehren. Seine Aufgabe: Er wird Toll Collect und seine Manager für den Autokonzern kontrollieren. Er wird viel zu tun haben. HANNA GERSMANN