Betr.: Kulturförderung
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Die Bunte kassierte einmal eine saftige Gegendarstellung aus einem berüchtigten Hamburger Anwaltsbüro, weil sie getitelt hatte: „Von Linz nach Paris. Carolines Sonderflug mit einem Toten.“ Das Blatt wurde dazu verdonnert, die Gegendarstellung der Prinzessin von Monaco (also der mit dem Caroline-Urteil) ebenfalls auf der Seite 1 zu drucken. In Journalistenkreisen ein totaler Super-GAU. Nicht so beim für fundiert recherchierte Stories bekannten People-Magazin. Die Bunte konterte geschickt und mit extra fetten Lettern: „Gegendarstellung: Caroline saß nicht im Flugzeug mit dem Toten.“ Noch größer: „Wo war sie dann?“

 Ähnliches passiert heute auch in dieser Zeitung: „Die niedersächsische Kulturförderung habe ich niemals in dieser oder ähnlich diskreditierender Weise bezeichnet“, ließ Kultur-Staatssekretär Josef Lange gestern, „nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub“, wissen. Ihm zu unterstellen, er habe die Kulturförderung des Landes als „niedersächsische Krankheit“ bezeichnet, sei „völlig abwegig“, betonte Lange. Und bezog sich dabei auf einen Artikel in der taz, laut dem er von der ebendieser „Krankheit“ gesprochen haben soll, die es zu heilen gelte. Als „krank“ gelten im Ministerium offensichtlich die vielen Verbände, die sich im Flächenland Niedersachsen um die freie Kultur kümmern.

 Den mit wenig Personal bestückten Koordinationsstellen für Soziokultur, die kleinen Museen, Theater oder Musikschulen – viele entstanden übrigens in der CDU-Ära Ende der 80er Jahre – stehen offensichtlich happige Kürzungen bevor: Im kommenden Jahr sollen acht von neun Millionen Zuschuss-Euro an die freie Kulturszene entfallen, während die „Leuchttürme“ – die drei Staatstheater und sechs Landesmuseen – in diesem Jahr nicht angetastet werden sollen. Auch Förderungen für viele Einzelprojekte dürften in Zukunft nicht mehr gesichert sein: vom Kulturbahnhof bis zur Theateraufführung auf dem platten Land droht Kahlschlag. Und so wollten die Grünen gleich am Tag nach der taz-Story mit einer Anfrage klären, welche „besonderen Krankheitsmerkmale und Ausprägungen die bisherige niedersächsische Kulturpolitik“ denn eigentlich habe.

 Wir fragen nun: Wenn der Staatssekretär nicht von der „niedersächsischen Krankheit“ gesprochen hat, was meinte er wohl dann? Im Juni sagte Lange noch auf einer Tagung der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel, auch die, die in der Kultur Steuermittel verbrauchten, müssten sich angesichts knapper Kassen fragen lassen, was sie mit ihren Geldern machten. Das bezeugen gleich mehrere der etwa 100 Zuschauer. Wir fragen auch, wie es sein kann, dass Kulturminister Lutz Stratmann (CDU) unlängst in einem Interview fragte, „warum das Land weiter Geld für sehr viel Kulturbürokratie und Lobbyismus ausgeben soll statt für Kunst und Kultur selbst“.

 Im Bereich der freien Theater flössen 80 Prozent der Mittel direkt in die künstlerische Arbeit, lediglich 20 würden für Verwaltung und Beratung benötigt, erwiderten die Grünen. Bei den städtischen und staatlichen Bühnen sei das Verhältnis fast umgekehrt. Bei der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur (LAGS) sei der Verwaltungskostenanteil mit neun Prozent „unschlagbar“ niedrig, ärgerte sich die Abgeordnete Gabriele Heinen-Kljajic. LAGS und der niedersächsische Museumsverband würden „bundesweit als Vorbilder in Effizienz und Fachlichkeit gehandelt“.

 Am Dienstag will Minister Stratmann erstmals seine Vorstellungen skizzieren, genaue Zahlen sollen nach der Kabinettsklausur in drei Wochen vorliegen.

Kai Schöneberg