Auf neuen Märkten

Unternehmensidee Ökogetränke. Ein Weinkenner hat sich selbstständig gemacht mit allerhand feinen Tropfen. Bier von hier ist auch dabei

„Mit den meisten Bieren würden sie doch verhungern“, ist sich Marcus Busch sicher. Aber nicht mit diesem. Am hellichten Tag schenkt der 36jährige Markthändler eine trüb-goldne, fast dickliche Flüssigkeit in kleine Plastikbecher. Es handelt sich um ein Pils der Marke „Nordsch“, und damit, so Busch, hätten die Mönche die Fastenzeit ganz bestimmt überstanden. Schließlich war das Bier ursprünglich mal als Nahrungsersatz gedacht.

„Nordsch“, das ist eine klitzekleine Brauerei, die ihr Bier kurz vor den Toren Bremens im Borgfelder Landhaus braut und abfüllt. In kernigen Literflaschen mit Plöpp-Verschluss sind Dunkles und Pils abgefüllt – solange der Vorrat reicht. Und das ist nicht besonders lange. Denn anders als bei Beck & Co. gibt es dieses Bier nur in einer kleinen Auflage: Es hält sich nicht lange. Ohne chemischen Zusatz und nicht-pasteurisiert lässt es das deutsche Reinheitsgebot noch weit hinter sich. Entsprechend wird das Frischbier aus Borgfeld auch nur regional vertrieben.

Zum Beispiel von Marcus Busch. Erst seit Juni ist er als Ein-Mann-Betrieb mit Bier, Wein und Saft unterwegs auf den Bremer Ökomärkten und organisiert parallel dazu einen Weinversandhandel. Die Idee, sich selbstständig zu machen, hatte er ein halbes Jahr vorher. „Ich habe in einem Bio-Laden gearbeitet und mich geärgert über die Vorurteile gegenüber dem Bio-Wein“, sagt er. In seinem rollenden Geschäft sind säuberlich aufgereiht Weine aus Italien, Greichenland, Frankreich und Deutschland. „Und die gibt es schon ab Zweieurofünfundneunzig den Liter“, sagt er stolz und räumt so mit einem zweiten Vorurteil gegen die Bio-Produkte auf.

Das Bier aus Borgfeld hat ihm schon diverse Stammkunden beschert, seine Liebe aber gehört dem Wein. „Ich stamme aus einer Familie, in der guter Wein eine große Rolle gespielt hat. Und außerdem ist meine Frau aus Calabrien, da macht praktisch jeder seinen eigenen Wein.“ Marcus Buschs Traum für die nahe Zukunft ist es, die europäischen Öko-Weingüter selbst abzuklappern anstatt sie am heimischen Computer zu bestellen.

Busch verkauft seine Produkte zur Zeit auf dem Ökomarkt auf dem Mecklenburger Platz und auf dem neuen Markt in der Neustadt. Seit wenigen Wochen ist aus dem langgestreckten Platz zwischen Wester- und Annenstraße wieder ein Marktplatz geworden. Ein Miniatur-Roland wacht am nördlichen Ende über ihn – er sollte dort, so der Ratsbeschluss vor zweihundert Jahren auch die Neu(e)stadt beschützen, so wie der große die Altstadt.

„Hier ist die Atmosphäre ganz anders als im akademisch geprägten Viertel“, sagt der Weinhändler und die beiden Rentner, die am Stehtisch eine Flasche Federweißer trinken, geben ihm recht. „Ich hab da keine Angst vor, vor Ökos und dem Bio-Zeug“, sagt der 70jährige Rentner Kleinwächter, dem allerdings seine Frau empfohlen hat, „ich soll hier mal rumschauen“. Elke Heyduck