Berliner Liberaler auf Verheugens Spuren

Martin Matz, Exchef der Berliner Freidemokraten, tritt aus der FDP-Fraktion aus. Die SPD hat ihm schon Asyl angeboten

Er hat nie wirklich mit seiner Meinung zurückgehalten. Blass und konzeptionslos nannte Martin Matz schon 1998 die FDP-Bundestagsfraktion. Wenn die Partei auf Bundesebene so weitermache, sehe er schwarz, monierte er damals vom Landesvorsitz der Berliner Liberalen aus. Schon zu dem Zeitpunkt will er an Parteiaustritt gedacht haben. Zu eng binde sich die FDP an die CDU. Jetzt ist Matz mit einem Bein ausgetreten. Vorerst nur aus der FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Doch er selbst sagt, dass das für die Parteimitgliedschaft Folgen haben muss.

Denn der 39-Jährige, bis 2003 im FDP-Bundespräsidium, will sein Parlamentsmandat behalten, weiter Politik machen. Als FDP-Politiker gegen die FDP? Ein Unding. Nahe liegt, dass er dem Beispiel des früheren FDP-Generalsekretärs und heutigen EU-Kommissars Günter Verheugen folgt, der 1982 nach dem FDP-Schwenk zur CDU seine Partei verließ und zur SPD wechselte. Die Sozialdemokraten würden Matz gern in ihrer Fraktion sehen, auch grüne Abgeordnete wollten ihn offenbar werben.

Matz lag seit langem über Kreuz mit Fraktionschef Matthias Lindner. Im starken Mann der Berliner FDP sieht Matz aber kaum mehr als einen Dünnbrettbohrer. Zum jüngsten Eklat kam es, als Matz Lindners Finanzpolitik im Juni als „widersprüchlich, inkonsequent und (noch?) nicht regierungsfähig“ bezeichnete. Daraufhin musste Matz seinen Sitz im Finanzausschuss des Parlaments räumen. Für ihn der letzte Anstoß, die Fraktion zu verlassen.

Doch nicht allein der verlorene Ausschusssitz stört Matz. Er sieht eine Art Roll-back zur FDP-Strategie der 90er, wenn sich die FDP im Land Berlin wie im Bund allein an die CDU klammert. Denn wann sei die FDP am erfolgreichsten gewesen? Für Matz dann, wenn sie sich nicht an der Seite der CDU definierte.

Was für Fraktionschef Lindner die Machtposition festigt, ist für die Berliner FDP ein herber Verlust. Matz ist einer der wenigen Liberalen, die bei anderen Fraktionen Respekt genießen. Neben den vielen Parlamentsneulingen der FDP, die es 2001 nach 9 Jahren wieder ins Abgeordnetenhaus schaffte, gilt er als kenntnisreicher Kopf. Erst jüngst hatte die Partei ihren Übervater Günter Rexrodt verloren, der sie 2001 quasi im Alleingang zurück ins Parlament brachte und vor zwei Wochen starb.

Bundesweit war Matz bekannt geworden, als er in den 90ern die rechtskonservative Übernahme der Berliner FDP durch Ex-Generalbundesanwalt Alexander von Stahl verhinderte. In seine Zeit als Landeschef fiel auch der gescheiterte Versuch von Berliner Studenten, die FDP über Masseneintritte zu übernehmen.

Gestern war Matz deutlich anzumerken, dass der Weg weg von der FDP für ihn mehr ist als eine Austrittserklärung. 21 Jahre war er dabei, lang genug hat er gekämpft für seine Überzeugungen, die er liberal und sozial nennt: „Wenn man so eine Überzeugung hat, dann kann man in der FDP schon mal Probleme haben.“ STEFAN ALBERTI