Die Aids-Hilfe darf ihren Mitarbeitern nicht kündigen

Das Bremer Arbeitsgericht bremst die Umsetzung der Spar-Beschlüsse des Koalitionsausschusses: Ohne einen fachlichen Bescheid gibt es keine Zustimmung zur Kündigung von schwerbehinderten Aidskranken. Geschäftsführer Fenkl sitzt in der Klemme

Bremen taz ■ „Wir können nicht jedes Mal Mitarbeiter feuern, nur weil die Politik laut gedacht hat“, sagt Hardmuth Groß, Geschäftsführer der Hans-Wendt-Stiftung und ehrenamtliches Vorstandsmitglied der Bremer Aids-Hilfe e.V. Der Koalitionsausschuss hat beschlossen, die Förderung der Aids-Hilfe – 160.000 Euro pro Jahr – ab 2004 einzustellen. Die Aids-Hilfe bekam im Juli einen Brief von der Sozialsenatorin mit der Bitte, „alle notwendigen Schritte in die Wege zu leiten (Kündigung von Verträgen etc.), um sich auf diese Situation einzustellen“. Das war es. Damals hatte die Aids-Hilfe noch nicht einmal einen Antrag auf Förderung für 2004 gestellt. Dies ist inzwischen geschehen. Es gibt aber noch keinen Etat für 2004, da die Haushaltsberatungen gerade erst beginnen. Mit einer rechtskräftigen Ablehnung des Antrags ist mithin erst im kommenden Jahr zu rechnen.

Als der Geschäftsführer der Aids-Hilfe, Thomas Fenkl, in der vergangenen Woche mit seinen vorsorglichen Kündigungsschreiben beim Arbeitsgericht zum „Gütetermin“ antanzen musste, da stellten die Richter fest: Ohne die Zustimmung des Integrationsamtes für Schwerbehinderte darf man keinem Schwerbehinderten kündigen. Die Aidskranken, die bei der Aids-Hilfe arbeiten, haben aber diesen Status als „Schwerbehinderte“. Das Integrationsamt argumentiert bisher, dass es einer Kündigung nicht zustimmen kann, da ein hinreichender Grund nicht vorliegt – der Förderantrag für 2004 ist ja noch nicht abgelehnt worden.

Welche Maßnahmen der Aids-Hilfe notwendig, angemessen und kostengünstig sind, entscheidet die Fachabteilung der Gesundheitsbehörde. Die kann sich seriös erst mit den Anträgen befassen, wenn der Haushalt steht – das wird im Frühjahr sein: der Haushaltsgesetzgeber wird nicht vor Mai den Etat beraten und beschließen. Allerdings: Der Termin vor dem Arbeitsgericht zur Entscheidung über die vorsorglichen Kündigungen, zu denen die Aids-Hilfe aufgefordert wurde, ist der 8. Januar, die Kündigungsfrist beträgt bis zu sechs Monaten. Geschäftsführer Fenkl sitzt in der Klemme.

Er hofft, dass weitere Protestmaßnahmen und weitere gute Argumente die Behörde zur fachlichen Korrektur der rein politischen Entscheidung der Koalitionäre bewegen könnten. Sozialsenatorin Karin Röpke (SPD) hat der Aids-Hilfe erklärt, dass keine fachlichen Gründe zum Ende der Förderung geführt hätten. Kritik an der Arbeit der Aids-Hilfe gebe es nicht, nur das Argument: Irgendwo muss man ja streichen... Und da hatte eben „Rat&Tat“, zum Beispiel, die besseren Lobbyisten in der Politik. Das enthebe die Behörde nicht von einer fachlichen Begründung der Entscheidung, sagt Vereinsvorstand Groß, von einer Prüfung, wo unter fachlich nachvollziehbaren Gesichtspunkten gekürzt werden soll. Mit einer einstweiligen Verfügung will die Aids-Hilfe vor dem Verwaltungsgericht erzwingen, dass die Behörde auch die fachliche Verantwortung für Kürzungsentscheidungen übernimmt.

Ein wenig soll auch politischer Druck nachhelfen: In einem „Big Deal“ will die Aids-Hilfe 160 Sponsoren zusammen bekommen, die sich verpflichten, monatlich 50 Euro zu zahlen. Mit diesem bürgerschaftlichen Engagement will die Aids-Hilfe ins Rathaus ziehen und fragen, ob es wirklich ernst ist mit der Streichung oder ob die Stadt nicht den Rest der Förderung drauflegen will. Die CDU jedenfalls wird sich nicht sperren. Hatte die doch vorgeschlagen – ganz informell natürlich – dass die SPD doch die Aids-Hilfe retten könnte, wenn es der CDU erlaubt werde, das Horner Bad zu retten. Die SPD lehnte einen solchen Deal damals ab. Klaus Wolschner