Keiner will sie haben

Im hart umkämpften Wohnungsmarkt haben Studenten oft das Nachsehen. Das Leben in so genannten Szenevierteln ist oft Besserverdienenden vorbehalten. Bleiben die Außenlagen, die Veddel etwa. Und eine neue Miet-Beratungsstelle an der Uni

VON JOSEPH VARSCHEN

Eine Wohnung in der Schanze, im Karoviertel oder in St.Georg zu finden ist überhaupt kein Problem. Vorausgesetzt, der zukünftige Mieter verfügt über ein regelmäßiges Einkommen um die 3.000 Euro, kann eine saubere Schufa-Auskunft vorweisen und schafft keine Kinder, Haustiere, Instrumente und sonstige Störpotentiale in die Wohnung.

Wer diese Formalien erfüllt, hat Chancen, eine der begehrten Wohnungen in Hamburgs so genannten Szenevierteln zu bekommen. Besonders Studenten stehen diesem Verdrängungsprozess ohnmächtig gegenüber. Der Mietverein „Mieter helfen Mietern“ stellt dafür ein neues Beratungszentrum an der Uni Hamburg bereit. Hilfesuchende Studenten finden bei MHM-Juristin Sabine Weis rechtlichen Beistand.

Ausweichen, lautet ansonsten erstmal die Losung. Studenten sollen jetzt die Veddel oder Wilhelmsburg urbar machen. Doch für die meisten Studenten ist die Elbinsel nur die Konsequenz nach langer Odyssee erfolgloser Wohnungssuche.

Steigende Mieten in einer SAGA-Immobilie zwangen auch Alba Schurawitzki ihre studentische Wohngemeinschaft nahe der Holstenstraße in Altona aufzugeben. Damit begann für sie und ihre Mitbewohner die ernüchternde Suche nach einer Wohnung für die WG in vergleichbarer Lage.

Nach über 20 Wohnungsbesichtigungen sagt sie enttäuscht: „Sobald man Student in die Selbstauskunft einträgt, hat man schon verloren.“ Absolut hoffnungslos beschreibt sie die Situation in der Schanze. Zwei Stockwerke Treppenhaus, hinunter bis auf die Straße reichte die Schlange der Latte-macchiato-Trinker bei einer Besichtigung auf dem Schulterblatt. „Bei soviel Anzügen und Visitenkarten fühlt man sich als gewöhnlicher Student schon leicht unterlegen“, sagt sie verärgert.

Besonders das „elitäre Gehabe“ der Konkurrenten mache sie wütend. Wenn der Makler nach kurzem Flirt mit einer mit Gehaltsschecks wedelnden Rechtsanwältin auf die studentische Wohngemeinschaft trifft, dann kann er nur mit schiefen Lächeln viel Glück für die weitere Suche wünschen. Die Konkurrenz weiß eben ihre Vorteile gekonnt auszuspielen.

Hinzu kommt, dass der Hamburger Wohnungsmarkt überlaufen ist. „Bei einigen Wohnungsbesichtigungen konnte ich die Wohnung nicht einmal betreten“ erinnert sich Schurawitzki. Früher wurde das Konzept der WG als finanzkräftig und flexibel geschätzt, doch in den heutigen „aufgewerteten“ Vierteln ist es nicht konkurrenzfähig mit jungen, gut verdienenden Cabriofahrern.

Eine zweifelhafte Möglichkeit die Rentabilität von Wohngemeinschaften abzusichern, beschäftigt momentan auch Mieter helfen Mietern (MHM). Eine ganz neue Masche sei es, die Zimmer einer WG einzeln zu vermieten und dennoch jeden Mitbewohner für die Gesamtmiete haften zu lassen. Sylvia Sonnemann von MHM rät derlei Mietverträge nicht einzugehen: „Da können völlig fremde Meschen in die Wohnung ziehen, und die Mieter stehen unter finanziellen Handlungsdruck, weil die Zimmer oft sehr teuer sind“ sagt sie.

Alba Schurawitzki und ihre WG-Partner haben sich vorerst bei Freunden einquartiert. An diesem Wochenende besichtigen sie wieder zwei Wohnungen. Inzwischen kann sie sich auch vorstellen auf der Veddel zu wohnen, „aber die ist wohl auch schon voll“ sagt sie.

MHM an der Uni, Café Canela im Ostflügel, Hamburg Edmund-Siemers-Allee 1, Dienstags von 16 bis 17 Uhr