Wichtiges Fuhrmannsnest im Global Village

Die taz-Serie zur NRW-Kommunalwahl am 26. September. Heute: In Gütersloh chillen mit Peer Steinbrück

Gütersloh?96.000 Einwohner. Noch vor 200 Jahren ein unbedeutendes Fuhrmannsnest im Heideland. Dank der Unternehmenspatriarchen Rudolf Miele (✝) und Reinhard Mohn darf sich Gütersloh heute Technologiequartier oder Medienstadt im Grünen nennen. Die Bertelsmann-Gruppe blieb mit ihrem Headquarter draußen vor der Stadt. Und ihre Töchter firmieren mit so beeindruckenden Aufzählungen wie „Gütersloh - Bonn - Berlin - Brüssel“. Virtuell sieht man sich ohnehin längst als Metropolis des globalen Dorfs.Wer hat was zu verlieren?Die Männer. Weder Grüne noch Freie Demokraten und Wählergruppen sind auch nur mit einer einzigen Frau im Stadtrat vertreten. Vorbildlich dagegen die Fraktionen von CDU und SPD. Bei den Sozialdemokraten sind sogar die Spitzenposten, das Bürgermeisteramt und der Fraktionsvorsitz, nicht mehr fest in Männerhand.Wer regiert im Rathaus?Im Rathaus sitzt – noch ganz aus Fleisch und Blut – „Mensch Maria“. Die Bürgermeisterin Maria Unger von der SPD. 51 Jahre, Familienmutter, eine Zugereiste. Erst 1989 fand sie den Weg in die Kommunalpolitik. Danach ging es in Fünf-Jahres-Schritten zügig aufwärts: Erst die Wahl zur letzten ehrenamtlichen Bürgermeisterin und zuletzt gewann sie mit fast 55 Prozent die Direktwahl zur ersten hauptberuflichen Rathauschefin.Wer will da rein?Burkhard Brokbals ist Kreishandwerksmeister. Der CDU-Kandidat sucht die „große bürgerliche Allianz“. Bisher allerdings außerhalb des Ratssaales. Der 48-jährige Familienvater hat sich im Vorstand der Waldorfschule engagiert. Von Hause aus Elektroinstallateur, bringt er beste Voraussetzungen fürs Schalten und Walten in einem virtuellen Kommunalnetz mit.Was gibt es im Wahlkampf außer Kugelschreibern?Ein cooles Chill-out mit NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück im „After-work Biergarten“. SPD-Wahlkampf ganz nah dran.Und wer hat die schönsten Wahlplakate?Besonders schön ist keins. Und trotzdem bringt zwischen den alten Herren der Grünen und Gelben erst die SPD-Spitzenkandidatin etwas Farbe ins Spiel.Die taz-Prognose?Die Sozialdemokraten menscheln sich mit Maria Unger erneut an die Rathausspitze, müssen aber mit einer CDU-Ratsmehrheit liebäugeln. In dieser netten Arbeitsatmosphäre sollte es gelingen, die Stadt auf den Schirm des 21. Jahrhunderts zu bringen. STEPHAN GÖBEL