Nur die Hymne leierte

Anja Dittmer gewinnt zum zweiten Mal in Folge den Hamburger Triathlon und hofft auf die Weltmeisterschaften 2007 in der Hansestadt

aus Hamburg HENDRIK TERNIEDEN

Sie war gewiss noch zu erkennen, die deutsche Nationalhymne, doch in ihrem Klang seltsam unbekannt: leiernde Töne und wechselnde Tempi riefen bei einem Gros der Anwesenden kollektives Schmunzeln hervor. Die Laune war ohnehin prächtig bei den 15.000 Zuschauern auf dem Rathausplatz, denn ganz oben auf dem Siegerpodest stand Anja Dittmer, die sich von der kleinen Unstimmigkeit nicht die Stimmung verderben ließ.

Vorausgegangen war ein hervorragendes Rennen der 28-Jährigen, die die 1,5 Kilometer schwimmen, 40 Kilometer Radfahren und 10 Kilometer Laufen schneller hinter sich brachte als die gesamte Konkurrenz und in 1 Std. 58 Min. und 23 Sekunden als erste die Ziellinie überquerte. Nachdem sie im letzten jahr mit einem packenden Schlussspurt die jetzige Olympiasiegerin Katherine Allen besiegt hatte, fiel ihr Triumph in diesem Jahr deutlicher aus. Bereits kurz vor Beginn der letzten Runde auf dem Laufkurs durch die Hamburger Innenstadt konnte sie sich an der Spitze von ihrer letzten Verfolgerin, der Spanierin Pilar Hidalgo absetzen. Ihr Zieleinlauf glich daraufhin einem Triumpzug: im Gefühl des sicheren Sieges feierte sie mit den Zuschauern und lief mit weit rudernden Armen ins Ziel. „Ich wollte das Rennen früher entscheiden, damit ich die Atmosphäre auf den letzten 100 Metern genießen und abfeiern kann“, erklärte sie.

Immer wieder wurde Dittmer anschließend gefragt, ob dieser Sieg ein Ausgleich sein könne, für ihren enttäuschenden elften Platz bei Olympia und sie wurde nicht müde zu betonen, dass sie in Athen ein gutes Rennen geliefert habe und ein elfter Platz bei Olympia keine Enttäuschung sei. Dennoch bleibe ihr Ziel der Sieg bei einem großen Rennen, einer Weltmeisterschaft etwa, wie sie 2007 in Hamburg stattfinden könnte: „ Mit Heimvorteil wäre dies vielleicht leichter“.

Damit dieser Wunsch in Erfüllung geht, rührt der Präsident der Deutschen Triathlon Union (DTU), Klaus Müller-Ott, ordentlich die Werbetrommel für die Hansestadt: „Eine solche Qualität wie hier findet man nur ganz selten auf der Welt. Wir haben weltweit den Standard gesetzt, Hamburg hätte die WM 2007 verdient“. Auch Bürgermeister Ole von Beust setzt alle Mittel und sich selbst in Bewegung und warb während der olympischen Spiele in Athen beim internationalen Verband um die Ausrichtung.

Dittmer kann dies nur Recht sein. Elfmal überquerte sie während ihrer Runden durch die Innenstadt den Rathausmarkt – achtmal im Sattel und dreimal in Laufschuhen – und jedesmal wurde sie dabei frenetisch bejubelt. „In Hamburg bin ich immer topmotiviert, das Publikum hier ist einfach das beste“, bedankte sie sich artig bei den Fans.

Beim Rennen der Herrenkonkurrenz versuchten die Zuschauer allerdings vergeblich den Sieger herbeizuschreien: als bester Deutscher beendete Sebastian Dehmer das Rennen auf Platz fünf, der Däne Rasmus Henning war nicht zu schlagen. Tatsächlich mobilisierten Dittmer, Dehmer und ihre MitstreiterInnen die Massen wie selten zuvor: 6.000 Hobby-Triathleten paddelten und strampelten beim „Jedermann-Triathlon“ auf Dittmers Spuren, der älteste Teilnehmer war 73 Jahre alt, die jüngste 16. Über 100.000 Zuschauer säumten den attraktiven Kurs, der bei den Athleten ob seiner Streckenführung und Atmosphäre beliebt ist. Hört man die Athleten über den Weltcup sprechen, glaubt niemand, dass Hamburg nicht in der Lage wäre, eine WM durchzuführen.

Wenn die dann ebenfalls zu einem „Bilderbuch-Event“ (Müller-Ott) wird, wie der Hamburger Triathlon, wäre Anja Dittmer dem großen Sieg ein ganzes Stück näher. Das Spielen der Nationalhymne würde dann wahrscheinlich von einer Kapelle übernommen, die sind in der Regel sehr zuverlässig.