Die großen Kleinen

1. FFC Frankfurt stürzt Tabellenführer Bayern München, aber der Frauenfußball ist trotzdem im Umbruch begriffen

FRANKFURT/M. taz ■ Ist der Aufstand der „Kleinen“ schon wieder niedergeschlagen? Wobei im Frauenfußball jene klein sind, die anderswo zu den Großen gehören: der FC Bayern München.

Bei den Frauen gaben bisher andere das Tempo vor, als beste Platzierung in der Bundesliga seit deren Gründung 1990 hatten die Bayern einen bescheidenen vierten Rang in der Liga vorzuweisen. Am Sonntag traten sie als ungeschlagener Tabellenführer beim Meister 1. FFC Frankfurt an – und verloren mit 0:1 in der 90. Minute nicht nur die Partie, sondern auch die Spitze. Dort liegt mit dem FCR Duisburg nun wieder einer der Etablierten, Frankfurt ist hinter diesen beiden noch einen Punkt zurück.

Doch damit ist nur vordergründig die alte Hackordnung wieder hergestellt. Genauso wenig, wie das Ende einer Ära eingetreten ist, wie zuvor vorschnell und platt über den 1. FFC Frankfurt geurteilt wurde. Die Sache ist viel einfacher: Im Frauenfußball geht es nun so zu, wie es sein sollte – keiner weiß, wie es ausgeht. Und das ist auch das Verdienst der Münchner Bayern.

Seit Jahren wartet die Konkurrenz darauf, dass die Bayern Ernst machen und mit der Portokasse der Profiabteilung den Frauenfußball aufmischen. „Das hätten wir sicher machen können“, sagt deren Managerin Karin Danner, „aber das ist nicht unser Ansatz.“ Stattdessen hat sich der FC Bayern mit guter Nachwuchsarbeit nach vorne gepirscht und fühlt sich jetzt für den nächsten Schritt bereit.

Es war schon ein Signal, dass die Bayern vom Konkurrenten Crailsheim Trainer Günther Wörle abwarben, einer der nicht so zahlreichen echten Experten im Frauenfußball. Dann angelten sie sich Weltmeisterin Melanie Behringer vom SC Freiburg. Dieser Coup gab schon einen Vorgeschmack auf die Ambitionen der Bayern, deren Kader mit zahlreichen Junioren-Nationalspielerinnen ohnehin schon tief besetzt ist. Karin Danner gibt zwar nicht den Uli Hoeneß, sagt aber deutlich: „Die Top drei sind unser Ziel. Wir sind mittlerweile stark genug, jeden schlagen zu können.“ Und wenn am Ende noch eine Top-Spielerin gebraucht würde, „könnten wir uns die leisten.“

Die leistete sich bislang der 1. FFC Frankfurt, etwa mit Birgit Prinz, Kerstin Garefrekes, Sandra Smisek, Nadine Angerer oder Ariane Hingst, allesamt Weltmeisterinnen. Um so verblüffender war, dass der 1. FFC nach Meisterschaft, Pokalsieg und Uefa-Cup-Gewinn in dieser Saison bislang so dürftig auftrat und gleich sechs Pflichtspiele verlor, darunter sang- und klanglos im Uefa-Cup-Viertelfinale gegen den FCR Duisburg ausschied. Dazu setzte es in Pokal und Meisterschaft zwei 0:1-Niederlagen gegen die Bayern.

Ein Tief, für das es sicher mehr Gründe als nur das Verletzungspech (fünf Stammspielerinnen) gab. Auch der neue Trainer Günter Wegmann, im Gegensatz zu seinem Vorgänger Hans-Jürgen Tritschoks eher ein ruhiger Vertreter, geriet in die Kritik. Aber schon vor der Partie warnte Bianca Rech, selbst jahrelang in Frankfurt: „Egal wie der FFC bislang abgeschnitten hat, die darfst du nie abschreiben.“ Zumal sich auch für den FC Bayern die Situation geändert hat: „In der Hinrunde konnten wir die anderen jagen und haben einen Lauf bekommen. Aber jetzt sind wir die Gejagten. Damit müssen wir als Mannschaft erst mal umgehen.“ Plötzlich interessieren sich die Medien in München für die Bayern-Ladys, sogar die männlichen Profis kennen die Ergebnisse und fragen nach.

Und genau so wirkten die überwiegend noch jungen Bayern-Ladys in diesem Spiel. Sie begannen nachzudenken, die Lockerheit der Vorrunde war etwas dahin. „Vielleicht haben wir etwas zu wenig für einen Sieg investiert“, meinte Rech danach.

Das Rennen ist nun wieder komplett offen. Immerhin bekommt nach dieser Saison auch der Zweite mehr als nur warme Worte: Denn sofort sind die ersten beiden Teams für die reformierte Champions League der Frauen qualifiziert. Und das erklärt so manche Anstrengungen der Großklubs wie FC Bayern, VfL Wolfsburg und neuerdings auch Hoffenheim, Hertha BSC oder Werder Bremen. Aber die gehören (noch) zu den Kleinen.

MATTHIAS KITTMANN