piwik no script img

NASA: LIEBER STARTEN ALS DAS SHUTTLE-PROGRAMM EINSTELLENAugen auf und durch

Auf dem Weltraumkongress in Bremen hat Nasa-Chef O’Keefe bestätigt, dass im Sommer 2004 der nächste Start eines Space Shuttle stattfinden wird. Die Empfehlungen der Kommission, die den Absturz der „Columbia“ am 1. Februar untersucht hat, würden bis dahin umgesetzt und die Flüge „so sicher wie möglich“ gemacht werden. Beruhigen kann das nicht. Die drei Hauptmängel, die die Kommission im August aufführte, sind bis heute nicht abgestellt. An der Technik des Shuttle hat die Nasa nur wenig verändert und anscheinend auch nur dort, wo ein Unfall vergleichbar mit dem der „Columbia“ passieren könnte. Die tiefgreifenden Reformen in der Kommunikationsstruktur, die wegen der Undurchlässigkeit der Organisation für Warnungen und Kritik verlangt worden waren, blieben ebenso aus wie die Einführung einer Strategie gegen die Selbstherrlichkeit der Nasa, die die Fehleranfälligkeit ihrer Projekte ignoriert.

Dabei ist fast verständlich, dass es nur zu kosmetischen Operationen gelangt hat. Die Organisation der Nasa ist ebenso monströs wie die Struktur der Space Shuttles; Änderungen an der einen Stelle eines solchen Systems können neue Fehlerquellen an ganz anderen Stellen verursachen. Wichtiger noch: Den Risiken, die in den einzelnen Bauteilen, Programmabläufen und Befehlsstrukturen lauern, weil sich in ihnen die Ignoranz schon vor Jahren und Jahrzehnten quasi eingenistet hat, ist überhaupt nicht beizukommen.

Das wissen die Nasa-Analytiker ebenso wie ihre Kritiker. Im Bericht des Untersuchungsausschusses waren die Passagen über die Management-Fehler sogar im Präsens gehalten. Doch noch hatte die Kommission ihr Papier nicht abgeschlossen, da war der jetzt bestätigte Starttermin schon im Gespräch. Der Grund ist einfach: Bei einer strengen Auslegung des Kommissionsberichtes müsste das Shuttle-Programm eigentlich sofort eingestellt werden. Unvorstellbar aber, für längere Zeit nicht zum Kreis der weltraumfahrenden Nationen zu gehören. Das vom Interesse am Selbsterhalt geprägte Motto der US-Weltraumagentur ist: Augen auf und durch. DIETMAR BARTZ

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen