Sachsen verliert Machtkampf mit EU

Subventionen für die VW-Werke in Zwickau und Chemnitz dürfen endgültig nicht in geplanter Höhe gezahlt werden

DRESDEN taz ■ „Nicht zum ersten Mal wurde bei einer Subvention in Sachsen die Machtfrage gestellt“, schrieben im Juli 1996 die sächsischen Bündnisgrünen. Der Freistaat reichte damals Klage beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg ein, um dem VW-Konzern doch noch 241 Millionen Mark mehr Beihilfen für die Werke bei Chemnitz und Zwickau zahlen zu können. 539 Millionen Mark waren bereits geflossen. Mehr wollte die EU-Kommission für die bloßen Erweiterungsbauten wegen der Überkapazitäten in der Autoindustrie und aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht genehmigen.

Diesen „Machtkampf“ hat Sachsen nun endgültig verloren. Gestern bestätigte der Europäische Gerichtshof in letzter Instanz ein Urteil des Jahres 1999, wonach keine weiteren Subventionen gezahlt werden dürfen. Ein aufgebrachter Kurt Biedenkopf hatte trotz EU-Verfügung zunächst umgerechnet 45 Millionen Euro an VW überwiesen, die der Konzern aber 1997 zurückzahlte. Der Freistaat beharrte damals wie heute auf seiner Politik, Großkonzerne mit der Höchstförderung zu ködern.

„Die Position Sachsens war eine wichtige Voraussetzung für viele weitere Ansiedlungen in den vergangenen Jahren“, kommentierte der heutige Wirtschaftsminister Martin Gillo die Entscheidung der EU. Man werde das Urteil selbstverständlich akzeptieren. Gillo verwies auf 60.000 Arbeitsplätze, die durch die Auto- und Zuliefererindustrie in Sachsen entstanden seien. Nach Angaben eines Konzernsprechers hat das Urteil keine Auswirkungen auf das Engagement von VW in Sachsen und auf das Betriebsergebnis insgesamt. Man habe nach internen Informationen bereits seit dem Vorjahr mit einem solchen Ausgang des Verfahrens gerechnet. Gemeinsam mit Siemens wird derzeit bei Stollberg ein neues Werk errichtet. VW bleibe mit 4,3 Milliarden Euro jährlich das umsatzstärkste Unternehmen in Ostdeutschland. Das Werk in Mosel laufe mit der Umstellung auf den neuen Golf sehr gut. Weniger erfolgreich präsentieren sich allerdings die „Gläserne Manufaktur“ in Dresden und ihr Luxusprodukt „Phaeton“. VW hatte vor zwei Wochen eine EU-Strafe von 90 Millionen Euro wegen Behinderung des grenzüberschreitenden Autohandels hinnehmen müssen. Eine weitere Strafe könnte wegen angeblicher Preisbindung für den Passat ins Haus stehen. Zugleich wird bekannt, dass VW in China 240 Millionen Euro für ein neues Motorenwerk investieren will.

MICHAEL BARTSCH