Viel Meer: „Kanalschwimmer“ von Jörg Adolph im lichtmeß
: Immer eine Hand vor die andere

Dass Extremsportler nicht gleich Extremsportler ist, versteht sich von selbst, aber die Kanalschwimmer, das wird man nach Jörg Adolphs Dokumentarfilm so schnell nicht vergessen, sind vielleicht die erlesenste dieser Spezies.

Erst 600 Menschen ist es seit 1875 gelungen die 33 Kilometer lange, geradezu mystische Wasserstrecke vom englischen Dover nach Calais an der französischen Küste schwimmenderweise zu bewältigen. Denn es ist ja nicht nur die Entfernung – die würde im beheizten Freibad so manch ein „normaler“ Schwimmer irgendwann schaffen – nein, es sind das nicht mehr als 16 Grad warme Salzwasser, die Wellen und die immer wieder die Richtung ändernde Strömungen. Von Feuerquallen, Algenfeldern und kreuzenden Containerschiffen gar nicht erst zu reden.

Die drei Tapferen, deren Versuche Adolph und sein Kameramann Luigi Falorni ausführlich dokumentieren, könnten unterschiedlicher nicht sein, vor allem in puncto Leistungsvermögen: Da ist zunächst José Mataafá aus Samoa, für den das Vorhaben von Anfang an eine Nummer zu groß gewesen ist. Schon nach wenigen Kilometern liegt er mehr senk- als waagerecht im Wasser, bis er sich schließlich völlig erschöpft von Betreuern im nebenherfahrenden Begleitschiff aus dem Wasser ziehen lässt.

Aus ganz anderem Holz ist da der 60-jährige Kanadier Bryan Finlay geschnitzt, der zwar bis kurz vor Calais kommt, aber nicht früh genug dort war, um einer sich verstärkenden ungünstigen Strömung zuvorzukommen. Bewegend zu sehen, wie er bis tief in die Nacht durchhält und so kurz vor dem Ziel dann noch aufgeben muss. Dazwischengeschnitten ist seine Aufarbeitung der dramatischen Stunden im Gespräch mit seinem Trainer.

Lediglich am anderen Ufer anzukommen, um sich hinfort einen ‚honourable fish‘ nennen zu können, ist für Christof Wandratsch kaum mehr mal das Mindestziel. Der renommierte Langstreckenschwimmer setzt alles daran, den bei 7 Stunden und 17 Minuten stehenden Rekord, den Chad Hundeley 1994 aufstellte, zu brechen. Es wird ein sehr enges Rennen, dass auch Mike Reed, dem ‚King of the Element‘, dem zwischen 1979 und 2002 nicht weniger als 32 Überquerungen gelangen, höchsten Respekt abverlangt. Er dürfte die zehn in Merksätze gefasste Regeln für Kanalschwimmer auswendig kennen, von der einer lautet: „Setze eine Hand vor die andere, bis du Land berührst.“

Eckhard Haschen

Heute, 20 Uhr, Lichtmeß