Zu leichtes Spiel für korrupte Manager

Mit dem Bestechungsskandal in Frankfurt wird klar: Schmiergelder fließen überall in der Republik reichlich. Das ändert sich nur, wenn Kontrollen verbessert werden. Doch dazu muss die Finanzaufsicht – wie in anderen Ländern – mehr Rechte erhalten

AUS KÖLN WERNER RÜGEMER

Der Korruptionsskandal in Frankfurt? „Ein Einzelfall!“, so tönte die Immobilienbranche prompt, als letzte Woche bekannt wurde, dass bei Grundstücksgeschäften und Bauvorhaben Bestechungsgelder in Millionenhöhe geflossen sind. Tatsächlich feuerte zunächst nur die Immobiliengesellschaft der deutschen Sparkassen, Teil des Bankkonzerns Deka, ihren bisherigen Geschäftsführer Michael Koch wegen „Unregelmäßigkeiten“ und erstattete Strafanzeige. Doch hat die Frankfurter Staatsanwaltschaft den Kreis der Verdächtigen bereits auf mehr als drei Dutzend erweitert.

Die kriminelle Phantasie in den Topetagen der Immobilienwirtschaft scheint keine Grenzen zu kennen. Beraterverträge ohne Gegenleistung, Provisionen für die fiktive Einschaltung von Maklern, erpresste Schmiergelder, Geldgeschenke. Koch soll allein beim Bau des 450-Millionen-Projekts Investment Banking Center (IBC) 500.000 Euro Schmiergeld kassiert haben. Bis 2001 war er Geschäftsführer der DB Real Estate, der Immobilientochter der Deutschen Bank. Nun sollte er die Deka in die Spitzenliga führen. Dazu initiierte er nicht nur das IBC, sondern auch das SpreePalais und das Kronprinzenpalais in Berlin. Genauso wird gegen den Vorstandschef der Göttinger Sparkasse ermittelt. Und die Immobilientochter der Genossenschaftsbanken DG steht ebenfalls im Visier der Staatsanwälte.

Doch sind „Unregelmäßigkeiten“ oder Betrügereien bei allen Großimmobilien offenbar leicht. „Die Sparkassen wollen richtige Banken sein. Sie haben sich mit ihren zentralen Unternehmen wie Deka Immobilien von jeglicher kommunaler Kontrolle entfernt und radikal privatwirtschaftliche Praktiken übernommen.“, erklärte Professor Hans See, Vorsitzender von Business Crime Control. Das begünstige die Korruption.

Zwar gilt in Deutschland für Immobilien die „Wertermittlungsrichtlinie“. Das ist ein Bundesgesetz, festgeschrieben in der Wertermittlungs-Verordnung. Doch halten sich daran nicht die Gutachter, die die verbauten Quadratmeter, die zu erzielenden Mieten oder den Grundstückswert erfassen. Es werden keine vereidigten Sachverständigen beauftragt, sondern freie Gutachter oder Wirtschaftsprüfer. „Wer sich an die Richtlinie hält“, sagt einer von ihnen, der auf Anonymität besteht, „der bekommt keinen Auftrag.“

Nun hat noch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) angekündigt, die Deka-Projekte daraufhin zu überprüfen, ob es „zu Schäden für die Anleger gekommen ist“. Ob dabei viel herauskommt, ist fraglich. Die 1.400 BaFin-Beschäftigten in Frankfurt und Bonn „sind zu 95 Prozent ihrer Zeit damit beschäftigt, Meldungen über Kredite, Wertpapierverkäufe und Firmenfusionen entgegenzunehmen“, stellt Udo Reifner fest. Der Professor, der das Institut für Finanzdienstleistungen (IFF) leitet, beobachtet seit Jahren das Versagen der Finanzaufsicht. Sie könne nicht investigativ tätig werden und sei nicht berechtigt, harte Sanktionen zu verhängen.

Tatsächlich kann die BaFin nur bank- und buchungstechnisch prüfen. Es gibt in Deutschland keine Finanzaufsicht, wie sie in anderen Ländern etwa von den Zentralbanken ausgeübt wird. Die Milliardenkredite deutscher Banken etwa für Cross Border Leasing, dessen Illegalität gegenwärtig in den USA festgestellt wird, werden von der BaFin als rechtmäßig angesehen. Hohe Kredite für Immobilienprojekte sind gut, denn sie bringen den Banken hohe Zinsen. „Und wenn Schmiergeld ordentlich verbucht ist, zum Beispiel als Provision, dann ist für die BaFin alles in Ordnung“, so Reifner.