Körting: Fehler möglich

SPD-Innensenator schließt Fehler der Ausländerbehörde nicht aus. Attest über Traumatisierung sei jedoch nicht generelles Hindernis für Abschiebung. Grüne fordern Konsequenzen in der Behörde

von HEIKE KLEFFNER

Innensenator Ehrhart Körting (SPD) müsse die Vorwürfe gegen die Ausländerbehörde untersuchen. Diese Forderung erhob Volker Ratzmann, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Abgeordnetenhaus. Ratzmann reagierte damit auf Veröffentlichungen von taz und RBB-Inforadio über den Umgang der Ausländerbehörde mit traumatisierten Kriegsflüchtlingen aus Exjugoslawien. „Ehrhart Körting muss das aufklären,“ so Ratzmann. „Wenn die Fälle zutreffen, muss das personelle Konsequenzen an der Spitze der Ausländerbehörde haben.“

Offenbar unterlaufe die Behörde gezielt die Weisungen der Innenverwaltung, traumatisierten Kriegsflüchtlingen einen langfristigen Aufenthalt in Berlin zu ermöglichen. Der Eindruck entstehe, dass die Ausländerbehörde eine eigene Politik mache, die auf Abschreckung statt Integration setze, so Ratzmann.

Mit beispielhaften Fällen hatten am Mittwoch taz und RBB-Inforadio dokumentiert, wie die Ausländerbehörde trotz gutachterlicher Stellungnahmen von Experten über die Kriegserlebnisse der Betroffenen langfristige Aufenthaltsmöglichkeiten verweigert und auch mit Abschiebungen droht. Seit In-Kraft-Treten der entsprechenden Weisungen im April 2001 bis zum Juli 2003 wurden 1.918 Anträge auf Aufenthaltsbefugnisse abgelehnt, so die Innenverwaltung. Dagegen wurde im gleichen Zeitraum lediglich in 755 Fällen eine Aufenthaltsbefugnis erteilt. Die größte Gruppe derer, die nach der Ablehnung ihrer Anträge nun weiterhin mit so genannten Duldungen ohne Arbeitserlaubnis und mit ungewisser Perspektive in Berlin leben, stellen dabei rund 1.500 traumatisierte bosnische Flüchtlinge.

Innensenator Ehrhart Körting hatte gegenüber Inforadio Fehler der Ausländerbehörde im Umgang mit traumatisierten Bürgerkriegsflüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien nicht ausgeschlossen.

Zugleich verwies der Innensenator jedoch auf viele Fälle von Missbrauch, in denen die Traumatisierung trotz vorhandener Atteste zweifelhaft erscheine. „Deshalb tut sich die Ausländerbehörde so schwer“, sagte Körting.

Berlins Ausländerbeauftragter Günter Piening erklärte, es sei nicht nur im Sinne der Betroffenen, sondern auch für die Stadt wichtig, „dass für die großen Gruppen von geduldeten Bürgerkriegsflüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien und staatenlosen Palästinensern eine Perspektive zur Integration auf den Tisch kommt“. Piening erinnerte daran, dass viele der Flüchtlinge seit fast zehn Jahren in Berlin leben. Das „Hickhack um die Gutachten“ müsse beendet werden, so Piening, zumal eine „Medizinisierung der Aufenthaltssituation“ äußerst problematisch sei und einer erfolgreichen Behandlung von Traumata im Weg stehe. Piening kündigte an, er werde sich bei der Konferenz der Ausländerbeauftragten der Länder für eine gemeinsame Position unter seinen Amtskollegen und Amtskolleginnen bezüglich der traumatisierten Kriegsflüchtlinge einsetzen.