Richtige Kultur auf falscher Seite

Noch haben es nicht alle Kölner gemerkt: Aber in Sachen Kultur hat die „schäl Sick“ einiges zu bieten. Das ist auch das Verdienst des Kunstvereins Köln rechtsrheinisch. Der feiert jetzt sein 10-Jähriges

Von Oliver Minck

Rechts liegen gelassen wird die „schäl Sick“ inzwischen ja nicht mehr unbedingt. Viva, Stefan Raab und Co. haben dafür gesorgt, dass die Mülheimer Schanzenstraße zu einem waschechten Medienzentrum geworden ist. Und 2008 will sogar RTL die Rheinseite wechseln, um sich in Deutz niederzulassen. Für massenhaft „Entertainment light“ im Rechtsrheinischen wäre zukünftig also gesorgt. Doch das ist nur die Glamourseite. Mit der „übrigen“ Kultur hat es die „schäl Sick“ etwas schwerer. Sie über den Rhein zu holen, ist seit zehn Jahren das Trachten und Streben des Kunstvereins Köln rechtsrheinisch e.V. (KKr). An diesem Wochenende wird Geburtstag gefeiert.

„Auch rechtsrheinisch lebende Menschen können sich immer noch nicht so richtig vorstellen, dass hier qualitativ hochwertige Kultur entstehen kann“, sagt Friedhelm Böck vom KKr. Das Rechtsrheinische rücke zwar mehr und mehr ins Bewusstsein, aber gesamtstädtisch betrachtet sei die Kunstszene zwischen Porz und Mülheim immer noch ziemlich isoliert.

Dabei hat der KKr schon so einiges initiiert auf der „falschen“ Rheinseite: Über 200 Ausstellungen, Atelierbesuche, Lesungen und Konzerte wurden organisiert, in Kirchen, alten Fabrikhallen, Galerien, am Rhein. Zudem hat der KKr einen erheblichen Beitrag geleistet zur Sicherung des Kulturbunker Mülheim als Ort von Kunst und Kultur. Aber auch größere Kulturevents wurden auf die Beine gestellt, zum Beispiel die „Kunstmeile Keupstraße“ oder „Offene Welten und Heimatkunst“, ein Musikspektakel auf dem Wiener Platz.

Vieles davon – und darauf ist man besonders stolz – entstand in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen, auch über die Stadtgrenzen hinweg. „Nur eine intensive Vernetzung aller an Kultur Interessierten kann das Rechtsrheinische aus seinem Dornröschenschlaf wecken“, glaubt Gründungsmitglied Irmgard Mantzke.

Die Herausgabe der Kunstzeitschrift „Armadillo“ musste allerdings nach zehn ambitionierten Ausgaben auf Eis gelegt werden. „Wegen Personalmangels war eine Fortführung nicht mehr möglich“, bedauert Mantzke. „Wir hatten zeitweise drei ABM-Stellen, von denen ist lediglich eine übrig geblieben“. Trotzdem werden beim KKr die Ärmel hochgekrempelt: „Wenn die innerstädtische Kultur kollabiert, ist das eigentlich unsere Chance“, weiß Friedhelm Böck. Dazu seien allerdings jede Menge Ehrenamtler nötig. 150 Mitglieder hat der KKr momentan, die Hälfte davon sind selbst Künstler.

Am heutigen Samstag soll also gefeiert werden: in den Räumen des Hotels „the new yorker“, wo der Verein beheimatet ist, und im angegliederten „ArtStore“, der gerade erst umgestaltet wurde und von den Künstlern selber geführt wird. Auch die Stichstraße ist an diesem Tag für Autos gesperrt und dient als Freilichtbühne für Aufführungen und Installationen. Es beginnt um 15 Uhr. Sogar OB Fritz Schramma will sich die Ehre geben. Ab 17 Uhr stehen Performances auf dem Programm. Mary-Noele Dupuis beschäftigt sich in „Perfor(m)ieren“ mit Terror und dem Attentat auf New York, geht also auf das geschichtsträchtige Datum der Veranstaltung ein. Dazu präsentiert der Kunstverein seine neue Jahresgaben-Edition, die diesmal ganz im Zeichen der Fotografie steht.

„10 Jahre KKr“: Samstag, ab 15 Uhr, Deutz-Mülheimer Str. 206 a