La catastrofe scuola, die Bambini lernen nix

Italienische Schulkatastrophe an deutschen Schulen: Die Kinder der Zuwanderer von jenseits der Alpen, der ältesten Immigrantengemeinde, lernen am schlechtesten. Lernmentalität und deutsche Schule harmonieren nicht

BERLIN taz ■ Das hätten sich die Italiener anders vorgestellt. Da schicken sie jährlich 15 Millionen Euro für italienische Migrantenkinder in Deutschland über die Alpen, und dann so etwas. Vergleicht man die Schulkarrieren der rund 67.000 schulpflichtigen „bambini“ mit denen anderer Zuwandererkinder, sind die Italiener weit abgeschlagen. Türken, Griechen, Spanier – alle stehen besser da.

„La catastrofe scuola“, die Schulkatastrophe – so titelt die in Deutschland erscheinende Corriere d’Italia und widmet der Misere mehrere Sonderseiten. Der italienische Botschafter beruft eine dreitägige Konferenz ein. 150 Experten zerbrechen sich den Kopf über die Probleme italienischer Jugendlicher in Deutschland.

Dass Schüler aus Migrantenfamilien im deutschen Bildungssystem benachteiligt sind, ist seit Pisa kein Geheimnis mehr. Der Großteil der Familien ist in der Arbeiterschicht angesiedelt, nur wenige Eltern können überhaupt die Tragweite ermessen, ihre Kinder auf diese oder jene Schule zu schicken. Nur 6 Prozent der italienischen Schüler landen im Gymnasium – weniger als in Sonderschulen (siehe Kasten). Die Experten vermuten, dass der mangelnde Bildungsstand bei vielen Müttern die im deutschen Schulsystem nötige Förderung behindere. Die Kinder brauchen Hilfe bei den Hausaufgaben – die Mamma oft nicht geben kann. Trotzdem ist nicht nachvollziehbar, warum gerade Italiener so viel größere Probleme mit dem deutschen Schulsystem haben als ihre ausländischen Mitschüler.

„Es hat auch etwas mit der italienischen Mentalität zu tun“, versucht Cristina Allemann-Ghionda, Professorin für Pädagogik an der Universität Köln, eine Erklärung. Die rund 600.000 Italiener bilden zwar nach Türken und Staatsbürgern aus dem ehemaligen Jugoslawien die drittgrößte und zugleich älteste Migrantengruppe in Deutschland. Trotzdem hätten viele von ihnen Deutschland als Heimat noch nicht akzeptiert. „Im Gegensatz zu Spanien und Griechenland liegt Italien nah. In vielen Familien herrscht die Meinung, irgendwann gehen wir sowieso zurück.“

Hinzu kommt, dass das von der italienischen Regierung geschickte Geld bislang nicht immer zweckgebunden eingesetzt wird. Statt in einen Ausbau des zweisprachigen Unterrichts an den Regelschulen, investieren die Konsulate in rein italienische Sprach- und Kulturkurse, die nur selten die anvisierte Zielgruppe erreichen.

An Vorschlägen zur Verbesserung der Situation herrscht kein Mangel. Ganz oben auf der Wunschliste der italienischen Konferenzteilnehmer: eine Strukturreform des deutschen Bildungswesen, weg von der Dreigliedrigkeit hin zur Gesamtschule. „Auch wir in Italien hatten einmal ein gegliedertes System, aber das war zu Zeiten des Faschismus“, bemerkt Allemann-Ghionda. Doch hier muss Brandenburgs Bildungsminister Steffen Reiche als Vertreter der Kultusministerkonferenz die Gäste bremsen. „Eher wird in Deutschland der Kündigungsschutz abgeschafft, als das dreigliedrige Schulsystem.“ KARIN LOSERT