Blind und bald ohne Hilfe

Eine Blinden-Bibel kostet bis zu 300 Euro, eine Küchenwaage 200, ein Atlas bis zu 600 Euro. Weil ihnen im Alltag zudem Kosten durch Pflege- oder Hilfspersonal entstehen, ärgern sich die Blinden massiv über die Pläne der Landesregierung, in Niedersachsen als erstem Bundesland die einkommens- und vermögensunabhängig gezahlte Blindenhilfe zu streichen.

Bereits in diesem Jahr wurde die Landesblindenhilfe um 20 Prozent auf 409 Euro pro Monat gekürzt. Der Blindenverband befürchtet jetzt eine Signalwirkung für andere Bundesländer. Noch erhalten Sehgeschädigte laut Verbands-Angaben in Brandenburg monatlich 266 Euro, im Saarland 585 Euro Blindenhilfe. Thüringen habe sich gerade dazu entschlossen, den bundesweiten Durchschnittssatz zu zahlen.

Die niedersächsische Landesregierung betont dagegen, in Zeiten knapper Kassen könne es nicht angehen, dass auch Vermögende von der öffentlichen Hand gefördert werden. Deshalb soll es kommendes Jahr nur noch möglich sein, Blindenhilfe in Höhe von bis zu 585 Euro monatlich beim Sozialamt zu beantragen.

Über eine Härtefall-Regelung wird nachgedacht, allerdings will Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) nicht an der Einsparsumme von 21 Millionen Euro rütteln. 25 Millionen Euro werde die Landesregierung auch im nächsten Jahr für Blinde zur Verfügung stellen. Weder Riesterente noch das „angemessene“ Hausgrundstück würden bei den Berechnungen herangezogen. Aber: Die Hilfeleistung nach dem Sozialgesetzbuch wird erst gezahlt, wenn der Bedürftige über nicht mehr als 2.600 Euro Vermögen verfügt. Deshalb fürchten die Blinden, dass nur noch höchstens 15 Prozent aller 11.400 Sehgeschädigten die Unterstützung im kommenden Jahr in Anspruch nehmen können. ksc