Rap-Hippies

Die HipHop-Band „Arrested Development“ aus Georgia ist wieder da. Und gastiert im Mandarin Kasino

Im Jahr 1992 – zur Hochzeit von Gangsta-Rap – purzelte ein Album vom Himmel auf die Erde, das so ganz anders war als alle HipHop-Alben bisher. Arrested Development hieß die Band aus Georgia, die Platte trug den langen Titel „3 Years, 5 Months & 2 Days In The Life Of“ und beschrieb die Zeitspanne von der Bandgründung bis zu dem Tag, als man einen Plattenvertrag unterzeichnete. Dass sie zu einem Klassiker werden konnte, war kaum abzusehen, doch heute zählt „3 Years, 5 Months & 2 Days In The Life Of“ zu den wenigen HipHop-Alben dieser Jahre, die in Erinnerung geblieben sind.

Der Erfolg von Arrested Development hatte seinen Grund vor allem in der unbändigen positiven Energie des Kollektivs um Sänger Speech, der Spiritualität und politisches Denken zu mischen verstand wie kaum ein anderer Rapper. Dazu beriefen sich Arrested Development auf die lange Tradition schwarzer Musik – an deren Ende nun HipHop stand: Blues, Gospel, Soul und Funk waren die Eltern – und Rap war das zornige Kind.

Arrested Development waren warmherzige, etwas spleenige Rap-Hippies, ein bisschen wie De La Soul, die Jungle Brothers oder Tribe Called Quest, doch mit noch mehr Sendungsbewusstsein. Bei ihren Konzerten kamen Rap, DJing, traditionelle afrikanische Instrumente und Tanzeinlagen zusammen – während Gruppen wie Public Enemy mit wütender Militanz darauf bestanden, das Rap der CNN der Schwarzen war: ein harter, ungeschminkter Nachrichtensender.

Mit „Tennessee“, „Mr. Wendal“ und „People Everyday“ hatte die Band weltweit Erfolg, produzierte Filmmusik für Spike Lee, doch aller Spiritualität zum Trotz verkrachte man sich ordentlich. Nach Erscheinen des Albums Zingalamaduni trennte sich die Gruppe, Todd Thomas alias Speech veröffentlichte einige kaum beachtete Soloalben – und eigentlich war die Band bereits Rapgeschichte, bis man sich vor kurzem zusammentat und jetzt wieder live dabei ist, positive Nachrichten zu verbreiten.

Auf dem neuen Album Among The Trees kommt alles wieder zusammen – Folk, Reggaeartiges, Jazz, HipHop – und Arrested Development haben den Bandwurmnamen „Cultural-Southern-HipHop-Folk-Ethnic-Funk“ dafür gefunden. „Wenn ich einen Song schreibe, denke ich nicht daran, ob er irgendwie positiv sein soll. Ich habe Probleme in meinem Leben, und ich weiß, dass andere Menschen Probleme in ihrem Leben haben. Ich will das verstehen und über Lösungen reden“, sagt Speech heute. Wer lässt sich schon gerne in Schubladen stecken.

Marc Peschke

Heute, 22 Uhr, Mandarin Kasino