Der SolistInnenchor

Der Neumann-Chor arbeitet in jeder Hinsicht anders

lle 35 SängerInnen sind international gefragte SolistInnen: Warum tun sie sich mehrmals pro Jahr zu einem Chor zusammen? Das nämlich machen die KünstlerInnen des Balthasar-Neumann-Chores, den Thomas Hengelbrock 1991 gegründet hat, mit großer Begeisterung.

„Ich singe nur hier Ensemble“, sagt der bekannte Tenor Knut Schoch, „wir haben alle das gleiche Niveau und es funktioniert sofort“. Sopranistin Dorothee Wohlgemuth meint: „Es ist schwer zu beschreiben, was passiert: Einerseits wird sehr auf Individualität geachtet, man muss sich stimmlich nicht verbiegen“. Andererseits sei es wahnsinnig schwer, aus dem Tuttiklanggefühl herauszutreten und die Stimme auf solistisch umzustellen. Das fühle sich an „wie auf Glatteis“, bestätigt Schoch. Unvergesslich ist in diesem Sinne eine Aufführung von Bachs h-Moll-Messe, als alle auswendig sangen und die Solopartien dann von den „Chorsängern“ übernommen wurden – wie es auch zu Bachs Zeiten üblich war.

Die außergewöhnlichen Programme, die Hengelbrock in unermüdlicher Forschungsarbeit zum Teil aus ungedruckten Manuskripten zusammenstellt, sind ein weiterer Anlass, sich im Neumann-Chor zu tummeln: Ausgehend von der Musik des 16. bis 18. Jahrhunderts gab es zum Beispiel „Italienische Karnevalsmusiken“ oder „Metamorphosen der Melancholie“. Viele solcher Projekte wurden zusammen mit dem SWR in einer eigenen Reihe unter dem Titel „Abenteuer Musik“ erarbeitet.

Worauf ist der große Erfolg des Ensembles zurückzuführen, das keinerlei Subventionen erhält, seine SängerInnen trotzdem sehr gut bezahlen kann? Managerin Anett Baumeister: „Thomas hat eine Nische gefunden, die viele Festivalveranstalter reizt: vor allem wegen der szenischen und halbszenischen Projekte“. Dazu zählt Monteverdis „L‘Orfeo“ mit Regisseur und Ausstatter Achim Freyer.

Mitsprache gibt es strukturell nicht: „Ist auch nicht nötig bei diesen Supervorschlägen, zu denen wir eingeladen werden“, sagt Schoch. Aber Vorschläge machen die SängerInnen schon, und die werden auch umgesetzt: So wie jetzt im Dom, als im Programm „Abendlied und Nachtgesang“ Gerhard Nennemann traumhaft schön „Nacht und Träume“ von Schubert sang und Schoch und Wohlgemuth Schuberts „Licht und Liebe“ regelrecht hinzauberten.

Das vokalästhetische Prinzip des nach dem Barockarchitekten Balthasar Neumann benannten Chores, vibratoloses Singen nach den Regeln der historischen Aufführungspraxis, konnten die BremerInnen in drei grandiosen Konzerten anlässlich des Musikfestes genießen.

Ute Schalz-Laurenze